GROSSBRITANNIEN: EIN KONJUNKTURPROGRAMM ERSETZT KEINE REFORMEN
: New Labours neues Geld

Ist New Labour jetzt auf dem Rückweg zu Old Labour? Der britische Schatzkanzler Gordon Brown hat gestern sein Konjunkturprogramm mit einer Rekordzunahme der Ausgaben für den öffentlichen Sektor angekündigt. Seien es Schulen, Krankenhäuser oder das Schienennetz: Sie alle sollen deutlich mehr Geld vom Staat bekommen.

Doch Gordon Brown, einer der eifrigsten „Modernisierer“ in der Labour Party, hat keineswegs den Sozialismus neu entdeckt. Seine Spendierfreudigkeit hat andere Gründe. Wenn Labour in drei Jahren wiedergewählt werden will, müssen die öffentlichen Dienste, die in vielen Bereichen an die Dritte Welt erinnern, verbessert werden. Den Kredit von den letztjährigen Wahlen, die Blair gewann, obwohl die öffentlichen Dienste unter Labour noch schlechter geworden waren, hat er dann aufgebraucht. Sollte Browns Plan funktionieren, würde Labour zu Recht wiedergewählt.

Doch das dafür erforderliche Wirtschaftswachstum ist nicht in Sicht. Deswegen wird Brown die Steuern erhöhen müssen. Nun sind Steuererhöhungen zur Finanzierung der öffentlichen Dienste nicht prinzipiell verdammenswert. Die erste steht bereits an, um den Gesundheitsbereich zu finanzieren. Aber die Rechnung wird kaum aufgehen. Seit einem Vierteljahrhundert ist es mit der öffentlichen Infrastruktur bergab gegangen; die Staatsgelder werden auch nach der Erhöhung noch unter dem Niveau der Zeit des letzten Tory-Premiers John Major liegen. Investitionen ohne Reformen sind aber wirkungslos – doch um Reformen geht es Gordon nicht. Das ist, als ob man immer mehr Wasser in einen löchrigen Eimer schüttet.

Reinreden lässt sich die Regierung nicht: Die Kommunalverwaltungen werden an der Umsetzung nicht beteiligt, selbst die anderen Ministerien müssen vierteljährlich Rechenschaft ablegen, Labours Hinterbänkler haben gar nichts zu sagen. Mit dem Konjunkturprogramm wird die Macht noch stärker in der Downing Street Nummer 10 und 11 konzentriert, den Amtssitzen von Premierminister Tony Blair und dem heimlichen Premierminister Gordon Brown. RALF SOTSCHECK