Todesstrafe für den Gotteskrieger

Im Prozess gegen Scheich Ahmad Omar Saeed, der an der Ermordung des US-Journalisten Daniel Pearl beteiligt war, ist das Urteil gesprochen

aus Delhi BERNARD IMHASLY

Scheich Ahmad Omar Saeed, der Hauptangeklagte im Prozess um den Mord an dem Wall Street Journal-Korrespondenten Daniel Pearl, ist in Pakistan zum Tod verurteilt worden. Todesurteile werden in Pakistan üblicherweise durch den Strang vollstreckt. Zusammen mit Saeed wurden dessen drei Mitangeklagte, Salma Saqib, Fahad Naseem und Sheikh Adil, zu je 25 Jahren Gefängnis und einer Bußgeldzahlung an die Witwe Pearls verurteilt.

Der Chefankläger zeigte sich mit dem Urteil zufrieden, während der Verteidiger, der die Beweisführung als „ungerecht“ ablehnte, Berufung ankündigte. Er verlas eine Erklärung Saeeds, in der dieser den Prozess als Teil des Kriegs zwischen dem Islam und den Ungläubigen bezeichnete. „Wir werden sehen, wer zuerst stirbt – ich oder jene, welche diese Todesstrafe zu verantworten haben.“ Er erklärte den pakistanischen Präsidenten Pervez Musharraf zu einem Ziel der Rache Allahs. Bereits am Samstag hatte ein anonymes Schreiben an eine pakistanische Zeitung Racheakte im Fall einer Verurteilung angekündigt.

Vor dem Urteil waren im Umkreis des Gerichtsortes, einem Hochsicherheitsgefängnis in der südpakistanischen Stadt Hyderabad, Scharfschützen und Panzerwagen in Stellung gegangen. Auch in Karatschi sorgte ein Großaufgebot der Polizei dafür, dass es nicht zu Protestdemonstrationen kam.

Im Vorfeld des Urteils waren am Wochenende dreißig Personen in Schutzhaft genommen worden. Der Prozess hatte Ende März in Karatschi begonnen, wurde dann aber aus Sicherheitsgründen nach Hyderabad verlegt. Das Sondergericht – Teil einer Paralleljustiz zur Behandlung von Terrorakten – tagte unter Ausschluss der Öffentlichkeit. Auch dies wurde mit Sicherheitshinweisen begründet. Aber es gab Stimmen, die behaupteten, der Staat wolle damit verhindern, dass Saeed seine Version der Ereignisse an die Öffentlichkeit bringe und dabei auch den pakistanischen Militärgeheimdienst ISI belaste. Saeed hatte nach seiner Verhaftung am 14. Februar gestanden, an der Entführung von Pearl am 23. Januar in Karatschi beteiligt gewesen zu sein. Er widerrief diese Aussage später und erklärte sich, ebenso wie seine Mitangeklagten, für unschuldig. Im Zusammenhang mit seinem Arrest – er behauptete bei seiner offiziellen Verhaftung, bereits eine Woche in Polizeigewahrsam zu sein – wurde der Verdacht laut, dass der Geheimdienst bei der Entführung seine Hände im Spiel gehabt haben könnte. Die geheime Prozessführung erlaubte es nicht, das zu überprüfen.

Das Gericht verließ sich auf Erkenntnisse der US-Bundespolizei FBI, die Bekennermails zu Faheed Naseem zurückverfolgt hatte, der wiederum Saeed und die anderen belastete. Laut Naseem habe Saeed gesagt, er wolle jemanden entführen, der „antiislamisch und jüdisch“ sei. Ein Taxifahrer, der Pearl zusammen mit Saeed vor einem Restaurant in ein Auto steigen sah, war ein weiterer Hauptbelastungszeuge. Die Verteidigung wirft ihm vor, zu seiner Aussage gezwungen worden zu sein.

Über die Tatbeteiligung Saeeds am Pearl-Mord gibt das Urteil wohl kaum zweifelsfrei und endgültig Aufschluss. Die pakistanischen Antiterrorgerichte stehen unter politischem Druck, rasch und wenn nötig ohne Ausschöpfung aller Rechtsmittel Urteile zu fällen. Dies galt besonders für diesen Prozess. Die Musharraf-Regierung hatte es abgelehnt, Saeed an die USA auszuliefern, und behauptet, sie sei hinreichend in der Lage, die Schuldigen zu fassen und abzuurteilen. Die Regierung stand daher unter großem Druck, die Schuldigen für den grausamen „Schaumord“ an einem US-Bürger rasch dingfest zu machen und zu bestrafen. Das Gericht wartete denn auch nicht auf den Abschluss der Untersuchungen, um die Verhandlungen aufzunehmen.

In Pakistan sehen viele den Grund für dieses „Fehlurteil an einem Unschuldigen“ im übermächtigen Alliierten USA. Dies spiegelt eine immer deutlichere Stimmung in Pakistan, die in Musharrafs scharfem Vorgehen gegen islamistische Organisationen weniger die Beseitigung eines gesellschaftlichen Gefahrenherds als einen Freundesdienst für US-Präsident Bush sehen. Die andauernde Präsenz amerikanischer Truppen im eigenen Land macht es Musharraf schwer, das Image als „Lakai der USA“ abzustreifen. In seiner Fernsehansprache am vergangenen Freitag war er auffällig darum bemüht, die US-Verbände im afghanischen Grenzgebiet als „ein Dutzend Berater“ herunterzuspielen.

Im Zusammenhang mit Pearls Ermordung stehen noch weitere sieben Verdächtige auf den pakistanischen Fahndungslisten. Von ihnen fehlt bislang jede Spur. Auch das Wall Street Journal, das in einer Stellungnahme das Urteil begrüßte, nannte es bloß „einen ersten Schritt“ hin zur Aufklärung des Verbrechens. Das britische Außenministerium begrüßte die Verurteilung, zugleich betonte ein Sprecher, London lehne die Todesstrafe für Saeed ab. Er hat sowohl die britische als auch die pakistanische Staatsbürgerschaft.