Krise in Paraguay

Nach heftigen Protesten gegen die korrupte Regierung will diese einen fünftägigen Ausnahmezustand verhängen

PORTO ALEGRE taz ■ In Paraguay haben erneut tausende gegen die Regierung von Präsident Luis González Macchi demonstriert. Am Montag blockierten sie die Brücken an den Grenzübergängen nach Brasilien und Argentinien sowie die wichtigsten Kreuzungen im Landesinneren. Die Regierung reagierte mit der Verhängung eines fünftägigen Ausnahmezustands, über den das Parlament heute abstimmt.

In Ciudad del Este lieferten sich rund 3.000 Demonstranten und Polizisten stundenlange Straßenschlachten, nachdem die Polizei die Blockade der „Freundschaftsbrücke“ nach Brasilien aufheben wollte. Dabei wurden mindestens zwei Menschen erschossen, 50 weitere verletzt und über 100 festgenommen.

In der Hauptstadt Asunción forderten hunderte von Demonstranten den Rücktritt des als korrupt geltenden Präsidenten González Macchi. Als sie sich dem Kongressgebäude näherten, lösten Polizei- und Militäreinheiten die Kundgebung mit Gummigeschossen, Tränengas und Wasserwerfern auf. In Encarnación blockierten weitere 800 Demonstranten die „internationale Brücke“ nach Argentinien. Zusätzlich organisierten tausende von Kleinbauern Straßensperren an den wichtigsten Kreuzungen im Landesinneren.

Die Regierung beschuldigte den ehemaligen Armeechef Lino Oviedo, die Proteste organisiert zu haben. Oviedos Anhänger von der neu gegründeten „Nationalen Union der ethischen Bürger“ (Unace) und Vizepräsident Julio César Franco von den Liberalen unterstützten die Demonstrationen, bestritten jedoch, sie organisiert zu haben. Es handle sich um „völlig spontane Kundgebungen“, sagte Unace-Parteichef Guillermo Sánchez Gufandi.

Paraguay befindet sich einer schweren Wirtschaftskrise, die durch die argentinische Rezession noch verschärft worden ist. Zehntausende von paraguayischen MigrantInnen sind in den letzten Monaten mittellos vom Río de la Plata zurückgekehrt. Die im „Demokratischen Volkskongress“ zusammengeschlossenen Kleinbauernverbände, Gewerkschaften und Linksparteien hingegen scheinen die Montagsproteste eher zurückhaltend verfolgt zu haben. Anfang Juni hatte der Gewerkschaftsdachverband CNT einen Generalstreik angedroht und damit erreicht, dass die Regierung ihre Pläne zur Privatisierung der staatlichen Telefongesellschaft zurückzog.

GERHARD DILGER