Stress mit den Strandparkern

St. Peter-Ording feiert am Wochenende den 125. Geburtstag mit der Ministerpräsidentin. Den grünen Umweltminister hat man vorsichtshalber schon mal nicht eingeladen

„Uns drohen 4,1 Millionen Euro Verlust. Es herrscht Panik am Ort.“

von MATHIAS WÖBKING

Schleswig-Holsteins grüner Umweltminister Klaus Müller wird nicht erwartet. Schließlich soll die Harmonie nicht getrübt werden, wenn Heide Simonis morgen den 3500 EinwohnerInnen St. Peter-Ordings zum 125-jährigen Bestehen des Seebades gratuliert. Die Ministerpräsidentin wird lediglich von ihrer Tourismusministerin begleitet: Ingrid Franzen (SPD) darf sich mit den St. PeteranerInnen über jährlich 200.000 UrlauberInnen und 500.000 Tagesgäste freuen.

Im grün geführten Umweltministerium dagegen stört man sich an einigen der TouristInnen: An denen nämlich, die ihr Auto auf zwei Parkplätzen in Ording und Böhl im Sand abstellen. Das Parken auf dem Strand sollte von diesem Jahr an eigentlich auf die Hauptsaison beschränkt sein – auf die Zeit von Mitte Juni bis Mitte September sowie Ostern und Pfingsten. So haben es das Land Schleswig-Holstein und die Gemeinde St. Peter-Ording 1999 vertraglich vereinbart.

„Wir halten uns an die Vereinbarung“, sagt Claudia Viße, Pressesprecherin des Umweltministeriums. „Und wir erwarten, dass man sich auch in St. Peter-Ording an den Vertrag hält.“ Schließlich seien bereits Zugeständnisse an die Gemeinde gemacht worden: Die beiden Plätze in St. Peter-Ording verdanken ihre Existenz einer Sondergenehmigung der Landesregierung.

In der Hauptsaison dürfen noch bis zum Jahr 2022 Fahrzeuge im Sand geparkt werden, allerdings höchstens 2500 am Tag. Dass die Parkplätze in der diesjährigen Vorsaison noch geöffnet waren, lag allein daran, dass der geplante Parkersatz noch nicht fertig gestellt war. Nach dem 15. September endet jedoch die Schonfrist. Den parteilosen Bürgermeister Rainer Balsmeier erfüllt das mit Sorge: „Die ökonomischen Folgen des Verbots sind für St. Peter-Ording nicht verkraftbar“, sagt er.

Noch 1999 hatten die Menschen im Ort die Planungssicherheit begrüßt, „die uns der Vertrag gesichert hat“, so Tourismus-Direktor Bernd Paulsen. Anfang des Monats jedoch beschloss die Gemeindevertretung einstimmig, eine Ausweitung der Parkzeiten zu fordern, und zwar für den Zeitraum von Anfang März bis Ende Oktober.

Eine jetzt vorliegende „sozioökonomische Untersuchung“ der GWMC, einer unabhängigen Gesellschaft für Wirtschaftsforschung mit Sitz im bayrischen Passau, betrachten die Menschen im Touristendorf als ihr bestes Argument: Von 422 repräsentativ ausgewählten UrlauberInnen der Vor- und Nachsaison des vergangenen Jahres, so das Ergebnis der Studie, gaben 32,7 Prozent an, „überhaupt nicht mehr“ in St. Peter-Ording Urlaub machen zu wollen, sollte das Strandparken außerhalb der Hauptsaison verboten sein.

Einen jährlichen Einkommensverlust von 4,1 Millionen Euro hat die GWMC für die Gemeinde errechnet. „Es herrscht eine gewisse Panik am Ort“, schildert Boy Jöns, CDU-Fraktionsvorsitzender in der Gemeindevertretung, die Stimmung. Das Ende des Parkens zu verhindern, sei eine Frage des Gemeinwohls, sagt er. Sollte dieses Argument von der Landesregierung anerkannt werden, würde das Strandparkverbot ausgesetzt, ohne dass die Gemeinde rund 2,5 Millionen Euro zurückzahlen müsste, die das Land für die Finanzierung von Parkplätzen jenseits der Sanddünen ausgegeben hat.

Peter Bothe, Leiter des Heimatmuseums, ist einer der wenigen Dorfbewohner, die das schrittweise Ende des Strandparkens begrüßen: „Zu bestimmten Zeiten und in bestimmten Abschnitten muss man die parkenden Autos wohl noch eine Zeit lang hinnehmen“, sagt zwar auch er. Er hält das Festhalten an den Parkplätzen dennoch für „widersinnig“. Denn: „Wir werben als Nationalpark und lassen gleichzeitig Autos an den Strand.“ Ob durch das Parken tatsächlich Schäden an der Natur entstehen, ist bislang allerdings nicht nachgewiesen. „Es fehlt an Untersuchungen“, sagt Bothe.

Wenn am Wochenende mit der Ministerpräsidentin gefeiert wird, soll dieser Konflikt keine Rolle spielen. Aber einnehmen wollen die St. PeteranerInnen die Landesmutter schon für sich: Die Boutiquebesitzerin Dagmar Duggen zum Beispiel will die Geburtstagsglückwünsche unter ihrem schönsten Strohhut entgegennehmen.