Hörbare Pausen

Authentizität eingefangen: „Straight, No Chaser“ über den legendären Jazzpianisten Thelonious Monk

Rätselhaft ist vielleicht das treffendste Attribut, das sich der Musik von Thelonious Monk zuordnen lässt. Wie viele und welche Bezeichnungen auch immer man wählt – Blues, Neue Musik, Minimalismus, Kargheit, Virtuosität – dies alles bleibt unzureichende Annäherung an Monks Stil. Da ist es nur gut, dass Charlotte Zwerin in ihrer 1988 entstandenen Musikdokumentation Straight, No Chaser erst gar nicht versucht, den US-Pianisten und seine Musik nach aufklärerischen Gesichtspunkten zu erklären.

All jenen, die vornehmlich an Monks Biografie interessiert sind, wird dies als Mangel erscheinen. Andererseits hat Regisseurin Zwerin angesichts der Fülle des bereits zu Monk existierenden Materials das Naheliegende gemacht und zugleich aus der Not eine Tugend. Sie hat in ihrer Konzentration auf Konzertaufnahmen aus den Jahren 1967 und 1968, ergänzt um spätere Interviewausschnitte, den Blick freigegeben auf Monk und seine Musik. Und die entfaltet ihre Wirkung besonders dadurch, dass sein Quartett bzw. ein Oktett auch sichtbar sind. Hingegeben und sich regelrecht abrackernd spielen die Musiker: zum oft gemächlichen, aber unerbittlichen Swing von Schlagzeug und Bass erklingen Monks Klavierkaskaden und seine vertrackten Rhythmen. Ein einzigartiger Sound entsteht: Die ursprüngliche Verzweiflung des Blues schwingt stets mit. Pausen werden gespielt, während der Puls der Rhythmusgruppe weiterläuft. Dorthinein sprenkelt Monk gelegentliche Melodiefragmente, bis sie sich zu einem modernistischen, fast abstrakten Klang entwickeln.

Und wer aufmerksam zuhört und -sieht, kann in Straight, No Chaser Momente der Erkenntnis erhaschen. Erkenntnis über Dinge, die sich nur mit Tönen sagen lassen. Wahrscheinlich will Straight, No Chaser genau das sagen: Musik ist die geeignetere Sprache. Insofern gelingt es dem Film – ganz gleich, ob man ihn als formal gelungen betrachtet oder nicht – etwas Wesentliches einzufangen: die grundlegende Authentizität von Monks Musik.

Gerd Bauder

18.7. 22.30 Uhr, 19.7. 17 Uhr, Abaton; 20.+21.7., 18 Uhr, 3001; 23.7., 17 Uhr sowie 24.7., 22.30 Uhr, Zeise