Bush will mehr Vollmachten

Der US-Präsident will die Heimat verstärkt schützen, unter anderem mit einem eigenen Ministerium. Doch für die Umsetzung der Pläne wird sich der Kongress als eine schwere Hürde erweisen. Kritik kommt von Demokraten und Republikanern

aus Washington MICHAEL STRECK

US-Präsident George W. Bush hat am Dienstag eine weit reichende Sicherheitsstrategie vorgelegt, die neuen Terroranschlägen vorbeugen soll und der Regierung mehr Vollmachten verleiht. Bush will den Einsatzbereich der Nationalgarde ausweiten und den Zugang von Privatpersonen zu wichtigen Informationen von Regierungsinstitutionen sowie strategisch wichtigen Firmen beschränken. Eine so genannte Intelligence Threat Division soll lernen, wie Terroristen zu denken, und so mögliche neue Angriffsziele identifizieren.

Bemerkenswert ist Bushs Forderung nach einem einheitlichen Standard für den nationalen Führerschein. Für Kritiker ist das ein Vorbote für einen Personalausweis und damit ein Thema, das bislang selbst den Farmer in Oklahoma aufregte.

Das umfangreiche Strategiepapier widmet sich zudem der Struktur der von Bush im Juni angekündigten Gründung eines Ministeriums für Heimatsicherheit – der umfassendsten Reorganisation der inneren Sicherheit seit Beginn des Kalten Krieges. Nach ursprünglichen Plänen aus dem Weißen Haus würde die neue Mammutbehörde bislang unterschiedliche Zuständigkeiten bei der Terrorbekämpfung bündeln. Sie soll mit einem Etat von 37 Milliarden Dollar und 170.000 Mitarbeitern ausgestattet werden. Durch wachsenden Widerstand im Kongress sah sich Bush offenbar gezwungen, wiederholt zu fordern, dass Küstenwache, Grenzschutz und bestimmte Bereiche der Einwanderungskontrolle im Superministerium angesiedelt werden.

Bush drängt den Kongress außerdem zu einer Ausweitung seiner Vollmachten, etwa wenn es darum geht, die Ausweisung von verdächtigen Personen zu erleichtern und Grenzkontrollen zu erhöhen. Der Grenzschutz ist ein heikles Thema. Jährlich reisen 500 Millionen Menschen in die USA ein und passieren elf Millionen Lkw die Schlagbäume. Die USA müssen den Spagat vollbringen, ihre Grenzen für Handel und Tourismus offen zu halten, andererseits illegale Einwanderung, Drogenschmuggel und das Einschleusen von Terroristen zu verhindern. Das so genannte „Smart Border“-Konzept, ein Aktionsplan mit den Nachbarstaaten Kanada und Mexiko, soll mittels Vorabkontrollen und gezielter Überwachung von Risikotransporten beiden Aspekten Rechnung tragen.

Bushs Vorschläge enthalten auch umstrittene Gesetzesänderungen, um dem Militär Operationen innerhalb der USA zu erlauben. Ein nach dem amerikanischen Bürgerkrieg beschlossenes Gesetz, der so genannte „Posse Comitatus Act“, gestattet den US-Streitkräften jedoch nur in Ausnahmefällen, auf heimischem Boden zu agieren. Verteidigungsminister Donald Rumsfeld hatte kürzlich klargestellt, dass das Pentagon nicht beabsichtige, diese Regeln zu ändern.

Ob und wie die Pläne aus dem Wunschkatalog des Weißen Hauses jemals Realität werden, ist ungewiss. Der US-Kongress dürfte sich als schwere Hürde erweisen. Senatoren und Abgeordnete werfen Bush vor, sie bei der Ausarbeitung der Vorschläge übergangen zu haben. Die Demokraten kritisieren Bush scharf für seinen „geheimen und arroganten“ Regierungsstil, der hastige und unausgegorene Pläne hervorbringe. Auch unter Bushs Parteifreunden ist die Zustimmung verhalten. Die Republikaner, traditionell nervös bei dem Gedanken an einen stärkeren Staat, fürchten eine schwerfällige Bürokratie und lehnen zum Beispiel die von Bush geforderte Struktur des neuen Heimatschutz-Ministeriums ab. Völlig unklar ist, wie die gewaltige Umstrukturierung finanziert werden soll.