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: Slow Motion

„Die Neue Museumsinsel. Der Mythos – der Plan – die Vision“ 0.30 Uhr, ZDF

Stets fehlt der armen Stadt Berlin das Geld für die vielen teuren Bauprojekte. Der Wiederaufbau und die Restaurierung der Museumsinsel schienen deshalb sogar schon vom Baustopp bedroht. Inzwischen aber hat sich der Bund der Gruppe von fünf Museen erbarmt, Berlin ist bei der Finanzierung entlastet, und so darf man mit dem planmäßigen Baufortgang auf der Insel, die seit dem Jahr 2000 zum Weltkulturerbe der Unesco zählt, rechnen.

Entsprechend ist der Komplex zur Zeit weitgehend Terra incognita, auch wenn schon einer der Kunsttempel der verschlossenen Stadt, August Stülers Alte Nationalgalerie, für das Publikum geöffnet ist und einen hoffnungsvollen Ausblick auf die Zukunft der renovierten Museumslandschaft gibt. Doch der Blick hinter die Bauzäune und staubnetzverhangenen Fassaden der anderen Museen fasziniert nicht weniger. Diesen Blick kann man heute nacht mit Carola Wedels Film wagen. Kein Stein wird einem auf den Kopf fallen, wenn man dem ruinösen Charme des „Preußischen Pompeji“, wie die FAZ die Museumsinsel einmal nannte, erliegt. Wohl aber wird man jede Menge Einsichten haben, nicht nur hinreißend visueller, sondern auch historischer und bau- und sammlungstechnischer Art. Im Krieg und Nachkrieg zerstreute Sammlungen werden wieder zusammengeführt, vieles wird aus Dahlem wieder in der Stadtmitte zentriert. Und allein vier Architektenbüros, David Chipperfield aus London, Christoph Sattler aus München, O. M. Ungers aus Köln und Heinz Tessar aus Wien, sind mit dem Wiederaufbau des Neuen Museums, respektive der Renovierung und Ergänzung des Alten Museums, des Pergamon- und des Bodemuseums beauftragt. Ein neuer Eingangsbereich wird entstehen und eine Pipeline für die unterirdische Durchquerung, die „archäologische Promenade“. Wer ein großes Publikum ansprechen will, muss für schnellen Durchgang sorgen.

Wedels Film ist glücklicherweise alles andere als ein Schnelldurchgang. Die Quote wird zur späten Sendezeit auch entsprechend niedrig sein. Doch wer da schon schläft, kann sich an Carola Wedels Buch zum Film gütlich tun (Nicolai Verlag, 19,90 Euro). BRIGITTE WERNEBURG