Kleinaktionäre doppelte Verlierer

Auf der Hauptversammlung der Berliner Bankgesellschaft machen Aktivisten und Aktionäre ihrem Ärger Luft. Sie fühlen sich als Anteilseigner und Steuerzahler verschaukelt und sehen keine bessere Zukunft: Die neuen Wirtschaftsprüfer sind die alten

aus Berlin RICHARD ROTHER

Turbulent sollte die Hauptversammlung der Berliner Bankgesellschaft werden, hatten Aktionärsschützer, die Initiative Berliner Bankenskandal und die globalisierungskritische Gruppe Attac angekündigt. Und turbulent wurde sie gleich zu Anfang: Während der neue Bankchef Hans-Jörg Vetter in seiner Rede die Strategie des Konzerns mit den Eckpfeilern „Rentabilität, Retail und Region“ erläuterte und ihm noch eine „harte Sanierungsphase“ und einen „langen Weg“ vorhersagte, versuchten sechs Aktivisten der Gruppe Attac, das Podium zu stürmen. „Ihr wollt unser letztes Hemd? Hier, nehmt es“, rief eine junge Frau, riss sich ihr T-Shirt mit der Aufschrift „Berlin ist pleite, und ich bin schuld“ vom Oberkörper und warf es in Richtung Vetter. „Ziehen Sie es an!“ Dann wurden die Protestler abgeführt. Auch Radioreporter und Fotografen wurden aus dem Raum gewiesen.

Nicht nur Politaktivisten, sondern auch ganz normale Anteilseigner waren wütend auf Vorstand und Aufsichtsrat der mehrheitlich landeseigenen Bank, die im vergangenen Jahr nur durch eine Milliardenbürgschaft Berlins vor der Pleite bewahrt worden war. Die katastrophale Lage der Bank belaste gerade die Kleinaktionäre, betonten mehrere Redner: Erstens hätten ihre Anlagen um bis zu 90 Prozent an Wert verloren – das sei absolut „Neuer-Markt-verdächtig“. Zweitens müssten die Aktionäre auch als Steuerzahler tief in die Tasche greifen, um den Konzern zu retten.

Berlin bürgt in den nächsten 30 Jahren mit 21,6 Milliarden Euro für Alt-Immobilienrisiken des durch riskante Kredit- und Immobiliengeschäfte in die Krise geführten Bankenkonzerns. Vetter, der die 1.500 anwesenden Aktionäre aufforderte, der entsprechenden Detailvereinbarung zwischen der Bankgesellschaft und Berlin zuzustimmen, erklärte, dass auf diesem Weg ein Verlust von bis zu zwei Milliarden Euro vermieden worden sei.

Draußen vor der Tür hatten sich auf Aufruf der Initiative Berliner Bankenskandal rund 200 Berliner unter einem Spruchband versammelt, das mehrere Politiker zeigte, die Fondsanteile bei der Bank gezeichnet hatten – und die Aufschrift trug: „Wir sind korrupt, und das ist auch gut so.“ Die Initiative hatte in dieser Woche bereits die Namen von 150 Prominenten unter den insgesamt rund 70.000 Immobilienfondsanlegern veröffentlicht. Damit wollte sie Druck auf die Anleger ausüben, auf Gewinngarantien zu verzichten, die in diesem Fall weit über dem Marktüblichen liegen, um so den Berliner Landeshaushalt nicht weiter zu belasten. Dieses auf der Hauptversammlung noch einmal wiederholte Ansinnen lehnten allerdings auch Kleinaktionäre ab.

Ihre Vertreter kritisierten dagegen vor allem, dass auch für 2002 wieder die Wirtschaftsprüfer von Price-Waterhouse-Coopers engagiert wurden. Diese seien schon zuvor „ihrer Rolle nicht gerecht geworden“, sagte Kai Weigert von der Schutzgemeinschaft der Kleinaktionäre. Die Bilanz sei „eine Dokumentation des Schreckens“.