Atomschiffe durchbrechen Blockade

Im Südpazifik protestieren Atomgegner mit Jachten gegen Plutoniumtransport von Japan nach Großbritannien. Australischer Abgeordneter springt mit Transparent ins Wasser. Steckt al-Qaida hinter Piratenüberfällen auf Schiffe mit Nuklearmaterial?

von SVEN HANSEN

Zwei bewaffnete Spezialschiffe mit 255 Kilogramm waffenfähigem Plutonium an Bord haben gestern früh in der Tasmanischen See zwischen Australien und Neuseeland eine symbolische Blockade von Segeljachten mit Atomkraftgegnern „durchbrochen“. Im frühen Morgengrauen hätten die Frachter „Pacific Pintail“ und „Pacific Teal“ zwischen den Inseln Lord Howe und Norfolk die Linie der elf Jachten mit Seglern aus zehn Nationen passiert, teilte gestern die Umweltschutzorganisation Greenpeace mit. Die Jachten, die sich „Nuclear-free Seas Flotilla“ nennen, hatten dort zwei Tage auf die Atomfrachter gewartet.

Die Atomschiffe hatten laut Greenpeace erstmals seit der Abfahrt aus Japan ihre Fahrt verlangsamt, offenbar um noch in der Dunkelheit die Blockade zu durchbrechen. Die beiden Atomfrachter fuhren am 4. Juli in Japan los. Sie bringen acht MOX-Behälter vom AKW Takahama in die britische Wiederaufbereitungsanlage Sellafield zurück. Japan hatte die Annahme des Plutonium-Uran-Mischoxids (MOX) wegen falscher Deklarierung 1999 verweigert. Das Material reicht für etwa 50 Atombomben.

Nachdem die Frachter die Segeljachten passiert hatten, nahm ein Schlauchboot die Verfolgung auf. Zwei Australier, darunter der grüne Abgeordnete Ian Cohen des Bundesstaats New South Wales, sprangen dann vor den Frachtern mit einem Transparent „Atomfreier Pazifik“ ins Wasser. „Ich wollte klarstellen, dass es in den Köpfen dieser Seeleute keinen Zweifel daran geben kann, dass sie in dieser Region nicht willkommen sind“, sagte Cohen laut der Internetseite der „Nuclear-free Seas Flotilla“.

Ein Sprecher der Atomfirma British Nuclear Fuels (BNFL), die den Transport durchführt, erklärte gegenüber der Nachrichtenagentur NZPA: „Sich vor den Schiffen ins Wasser zu werfen ist der Gipfel maritimer Verrücktheit.“ Die Schiffe passierten die Aktivisten in 70 Meter Abstand. BNFL fordert eine Bestrafung der beiden. BNFL erklärte zu Transportbeginn, sämtliche Genehmigungen zu haben, und hält Greenpeace vor, seine Einwände nicht gerichtlich vorgebracht zu haben. Umgekehrt wirft Richard Allen von der „Nuclear-free Seas Flotilla“ BNFL vor, dass die Atomschiffe vorzeitig losgefahren seien, damit ein Gericht in London die Reise nicht mehr habe stoppen können. Greenpeace plant weitere Proteste an Südafrikas Kap der Guten Hoffnung und dem britischen Zielort Sellafield.

Am Freitag hatten auch die Vertreter der 78 AKP-Staaten beim Gipfel auf den Fidschi-Inseln mit einer Erklärung gegen die Atomtransporte in den Gewässern um ihre Staaten protestiert: „Wir fordern die umgehende Beedigung dieser Praktiken, um mögliche Unfälle zu verhindern, die eine nachhaltige Entwicklung ebenso bedrohen wie die Gesundheit der Bevölkerung.“ Neuseeland schickte ein Aufklärungsflugzeug in die Region, um sofort alarmiert zu sein, sollten die Schiffe in neuseeländische Gewässer fahren.

Seit dem 11. September und den bekannt gewordenen Plänen des Terrornetzes al-Qaida, aus Nuklearmaterial so genannte dreckige Bomben zu bauen, erscheint das Risiko der Atomschiffe in neuem Licht. Gestern berichtete Thailands Bangkok Post unter Berufung auf den Politologen und Ex-Regierungsberater Panithan Watthanayakan, dass al-Quaida hinter Piratenüberfällen auf Schiffe mit radioaktivem Material in der Straße von Malakka stehen könnte. Panithan habe dies vom Internationalen Maritime Bureau (IMB) erfahren. Das IMB mit Sitz in Kuala Lumpur registriert Piratenüberfälle. 2001 gab es 649 solcher Überfälle in der Malakka-Straße zwischen Indonesien und Malaysia.