Argumentieren? Lieber gleich exkommunizieren!

Gestern Abend lief das Ultimatum des Vatikans an die „Priesterinnen“ ab: Kardinal Ratzinger möchte sie exkommunizieren. Die Damen wehren sich

MÜNCHEN taz ■ Mit der Ansicht, das Thema sei so unwichtig wie die gestrige Geschichte eines Boulevardblatts über Geier, die Schweinebraten essen, war der Diözesansprecher Winfried Röhmel gestern wohl allein. Die Protestaktion vor dem Ordinariatsgebäude der Erzdiözese München und Freising interessierte nicht nur den Boulevard und nicht nur die zahlreich erschienenen Journalisten. Sogar der Vatikan wird sich der Angelegenheit annehmen. Die der Erzdiözese angehörende Gisela Forster und die Österreicherin Christine Mayr-Lumetzberger demonstrierten gestern in weißen Weihegewändern gegen den ihnen angedrohten Ausschluss aus der katholischen Kirche. Mitgebracht hatten sie zwei Pappfiguren von Papst Johannes Paul II. und Kardinal Joseph Ratzinger, dem Präfekten der römischen Glaubenskongregation.

Der von der römisch-katholischen Kirche nicht anerkannte Bischof Romulo Braschi hatte beide Frauen mit fünf weiteren vor vier Wochen auf einem Donauschiff bei Passau zu Priesterinnen geweiht. Ratzinger, früher Bischof von München, stellte den „Priesterinnen“ daraufhin ein Ultimatum: Bis zum 22. Juli sollten sie „die Nichtigkeit der von einem schismatischen Bischof empfangenen ‚Weihe‘ anerkennen“ und „Reue bekennen“. Außerdem müssten sie „für das bei den Gläubigen verursachte Ärgernis“ um Verzeihung bitten. Ansonsten würden sie exkommuniziert.

Dagegen wehren sich Forster und Mayr-Lumetzberger in einem vierseitigen Brief an Ratzinger, den sie gestern in den Briefkasten des Münchner Ordinariats einwarfen: Ihre Weihe sei ihnen „sakramental gültig nach römisch-katholischem Ritus gespendet“ worden. „Monsignore Romulo Braschi ist kein Schismatiker. Er wurde niemals aus der katholischen Kirche ausgeschlossen“, heißt es in dem Beschwerdeschreiben. Außerdem hätten sie keine Delikte begangen, die laut Kirchenrecht eine Exkommunikation rechtfertigten: „Wir sind nicht vom Glauben abgefallen, wir haben keinen Irrglauben verbreitet, wir sind nicht abtrünnig geworden.“

Gleichzeitig stellten die beiden „Priesterinnen“ den Antrag, das Kirchenrecht zu ändern. Dort solle es künftig heißen: „Die heilige Weihe empfängt gültig nur ein getaufter Mensch“, „Mann“ also durch „Mensch“ ersetzt werden. Denn Diskriminierungen von Personen auf Grund ihres Geschlechts seien weltweit verboten und widersprächen dem christlichen Glaubensbekenntnis.

Nun ist Ratzinger am Zug. Besonders der Linzer Bischof wartet auf die Weisung des Vatikans. Er hatte Rom über die „Pristerinnenweihe“ informiert und somit Ratzinger eingeschaltet. Mit einer Reaktion Ratzingers rechnete der Sprecher des Linzer Ordinariats erst in den nächsten Tagen. OLIVER HINZ