Die Natur und ihre Gewalt

Altes Land und Haseldorfer Marsch melden noch immer Land unter. Regen richtete schwere Schäden im Ost- und Gemüseanbau an. Zaghafte Hilfen versprochen

Den Bauern in der Umgebung Hamburgs steht das Wasser bis zum Hals. In doppelter Hinsicht. In der Haseldorfer Marsch kämpfen die Obstbauern weiterhin um ihre Existenz. Mindestens ein Viertel der 400 Hektar Anbaufläche steht noch unter Wasser, sagte gestern Feuerwehreinsatzleiter Georg Kleinwort. Und neuer Regen naht. Einige der 100 Betriebe könnten die Katastrophe finanziell nicht bewältigen. Während die Feuerwehr zu einem drohenden Deichbruch nach Grönland bei Glückstadt abgerufen wurde, mussten die Obstbauern sich selbst helfen.

Unterdessen waren Feuerwehr und Technisches Hilfswerk (THW) in Grönland weiter im Einsatz, um den durchweichten Deich eines Regenwasserrückhaltebeckens zu stabilisieren. Der Deich sei mit 10.000 Sandsäcken verstärkt worden. Ein Deichbruch konnte verhindert werden. Zu den Pumpen des THW wurden zwei holländische Hochleistungspumpen in Betrieb genommen. Allein diese schafften laut Feuerwehr jeweils 60.000 Liter Wasser pro Minute aus dem voll gelaufenen Graben über mehrere Kilometer lange Leitungen bis in die Elbe. Im nahe gelegenen Glückstadt liefen ebenfalls die Hochleistungspumpen auf Hochtouren, um ein Überfluten von Ortsteilen zu verhindern. Sie pumpten 180 000 Liter pro Minute ab.

Auch in Horneburg hat sich die Hochwasser-Lage inzwischen weiter beruhigt, wo am Wochende auf 100 Metern ein Deich gebrochen war. „Die Bewohner im Einzugsgebiet der Aue sind nicht mehr gefährdet, dafür macht uns der hohe Wasserstand im Fluss immer noch zu schaffen“, sagte ein Sprecher des Katastrophenstabes in Stade. In einer Wohnsiedlung liefen immer noch die Pumpen. “Wenn wir sie abstellen, steigt der Wasserpegel wieder.“ Die Schöpfwerke arbeiten rund um die Uhr, damit das Wasser aus angrenzenden Obstflächen im Alten Land abläuft.

Inzwischen werden Stimmen laut, dass die Umwelt-Katastrophe in Horneburg vorprogrammiert war. Vor Jahren waren die naturgewachsenen Bewässerungskanäle zugeschüttet worden, um lukratives Bauland zu gewinnen.

Niedersachsens Ministerpräsident Siegmar Gabriel hat eigens seinen Urlaub unterbrochen und ließ sich gestern Abend im gesponserten Hubschrauber in Horneburg einfliegen, um Hilfe des Landes anzukündigen. Ob die üppiger ausfällt als in Schleswig-Holstein, ist unklar.

Dort hatte die Chefin der Senatskanzlei, Ulrike Wolff-Gebhardt, für das Bündel von Hilfe keine konkrete Zahlen genannt: „Erst müssen wir eine Schadensbilanz haben.“ Zinsgünstige Darlehen für Landwirte sowie Steuerstundungen oder kleinere Steuervorauszahlungen kämen in Frage und eine Finanzierung der Reparaturen von Deichen und Gräben. MAGDA SCHNEIDER