Ohne Springerstiefel und Fahnen

Neonazis demonstrieren heute in Leipzig. Aber es gibt strenge Auflagen für Kleidung und Auftreten. Die Stadt hat auf aussichtsloses Verbotsverfahren der Demo verzichtet. Oberbürgermeister will sich „Wir sind das Volk“ patentieren lassen

von NICOLE JANZ

Wenn heute die erwarteten 1.500 Neonazis in Leipzig demonstrieren, dürfen sie nicht im Marschschritt gehen. Bomberjacken, Springerstiefel und einschlägige Fahnen sind verboten. Das ist die neue Strategie der Stadt: Strenge Auflagen sollen vermeiden, dass es zu Ausschreitungen kommt.

Die Stadtverwaltung Leipzig hat dieses Mal gar nicht versucht, ein Verbot vor Gericht zu erstreiten. „Unsere Berater haben uns keine Chance eingeräumt“, sagte Oberbürgermeister Wolfgang Tiefensee (SPD) gestern zur taz. Stattdessen habe man 20 Punkte aufgestellt, die der Veranstalter, der Hamburger Neonazi Christian Worch, einhalten muss. Worch war dagegen vor Gericht gezogen, das sächsische Oberverwaltungsgericht hob vier der Auflagen wieder auf.

Die Stadt hatte unter anderem gefordert, den Auftritt einer rechten Musikgruppe zu untersagen, die in Italien durch „Heil Hitler“-Rufe provoziert hatte. Außerdem sollte Worch als Versammlungsleiter ausgeschlossen werden – gegen ihn wird ermittelt, weil bei seiner Demo im September der Ruf „Ruhm und Ehre der Waffen SS“ skandiert worden war.

Zumindest konnte man die 16 anderen Auflagen durchsetzen: Neben dem Verbot bestimmter Kleidung wurden auch einige rechte Bands und Redner untersagt. Auch die Route der Rechten wurde teilweise geändert.

Wenn die Nazis zwischen 12 und 19.30 Uhr vom Hauptbahnhof zum Völkerschlachtdenkmal und zurück ziehen, werden sie von rund 4.000 Polizeibeamten begleitet. Ausschreitungen wie bei Nazidemos im vergangenen Jahr soll es diesmal nicht geben. „Damals hatte es Sachbeschädigungen und Flaschenwürfe auch von Seiten linker Autonomer gegeben“, sagte Thorsten Dressler von der Polizeidirektion Leipzig.

Friedliche Gegendemonstrationen in Sichtweite sollen den Nazis zeigen, dass sie von der Mehrheit der Leipziger nicht erwünscht sind. 16.000 Bürger haben sich an einer Unterschriftenaktion der Kirchengemeinden gegen die Nazis beteiligt.

Als „politisches Zeichen“ will Oberbürgermeister Tiefensee den Spruch „Wir sind das Volk“ beim Patentamt schützen lassen, damit ihn Nazis nicht mehr skandieren können. „Das ist eine Konterkarierung dessen, wofür wir 1989 auf den Straßen gekämpft haben.“ Über die Erfolgsaussichten konnte das Patentamt gestern nichts sagen. Generell könne man Wortfolgen schützen lassen, so eine Sprecherin.