Integration bestätigt

In BEK-Kindergärten gibt’s jetzt 440 Integrationsplätze, Spracherziehung und Betreuung bis 13 Uhr

Weniger TherapeutInnen aber mehr Sprachförderung

Mit 3.857 Kindergartenplätzen startet die Bremische Evangelische Kirche (BEK) heute in das neue Kindergartenjahr, 20 mehr als im letzten Jahr. Davon sind in diesem Jahr noch 70 Plätze mehr für behinderte Kinder geschaffen worden, als im letzten Jahr, sogenannte „Integrationsplätze“. Über die holt die BEK behinderte Kinder in ihre Kitas. Summa summarum gibt es 440 Integrationsplätze bei Kirchens.

Dennoch besteht nicht viel Grund zum Jubeln: „Quantitativ steigern wir die Versorgung für behinderte Kinder, längerfristig wird die Qualität der Betreuung aber schlechter“, gab Ilse Wehrmann, Leiterin des Landesverbandes Evangelischer Tageseinrichtungen für Kinder, zu bedenken. Denn: Bis zum Jahr 2005 muss die BEK rund ein Drittel ihrer 160 Stellen für SprachheilpädagogInnen, ErzieherInnen und TherapeutInnen einsparen, eine Auflage der Stadt. Von derzeit 4,8 Stunden pro Kind und Woche für therapeutische Arbeit schraubt sie den Ansatz auf 1,5 Stunden herunter. „Nach einer Übergangsregelung für dieses Jahr wird sich das ab 2003 deutlich bemerkbar machen. Dann haben wir nur noch eine erzieherische Grundversorgung für die behinderten Kinder“, sagte Wehrmann. Die Folge: ErzieherInnen müssen fortgebildet werden, um zumindest bestimmte therapeutisch-spielerische Übungen durchführen zu können. Der leitende Sprachtherapeut bei der BEK, Ulrich Holste, warf der Stadt vor, dass sie die bisherige therapeutische Unterstützung für behinderte Kinder im Kindergarten als „Luxus“ ansehe.

Bisher hat die Stadt Bremen die Pflegesätze für behinderte Kinder in Kindergärten getragen. Im Kindergarten-Haushalt der BEK war das ein Posten von satten sechs Millionen Euro, sagte Wehrmann. Zukünftig würden Eltern von behinderten Kindern verstärkt auf nachmittägliche Besuche bei Therapeuten verwiesen. Die Kosten dafür sollen die Krankenkassen tragen.

Der integrative Ansatz würde die Kinder aber gerade nicht aus ihrem sozialen Umfeld herausreißen, verwahrte Wehrmann sich gegen diese Denkrichtung: „Nicht die Kinder sollen zu den Therapeuten kommen, sondern die Therapeuten zu den Kindern.“ Diesen Ansatz vertritt die BEK seit mittlerweile 20 Jahren und war bei der Einführung bundesweit Pionierin damit.

Trotz knapper Kassen bemüht sich die BEK darum, in ihrer inhaltlichen Kindergartenarbeit Konsequenzen aus den schlechten Bremer Pisa-Ergebnissen zu ziehen, etwa die Förderung der Spracherziehung für die Drei- bis Sechsjährigen. „Diese Förderung ist vor allem für die Kinder gedacht, die immer durch alle Raster fallen: Die nicht als behindert gelten, aber wegen ihres sozialen Hintergrundes benachteiligt sind“ erklärte Ulrich Holste und führte weiter aus: „Die Kinder sollen mit sechs Jahren fähig sein, dem Unterricht der ersten Klasse zu folgen.“ Das sei heute nicht mehr selbstverständlich. Ein dreijähriges Modellprojekt installiert zunächst an 16 der insgesamt 51 kirchlichen Betreuungseinrichtungen derartige pädagogischen Förderansätze. Die Kosten trägt unter anderem das Bundesfamilienminsterium.

Ab heute bieten viele kirchliche Kitas außerdem eine Betreuungszeit bis 13 Uhr, statt wie bisher nur bis 12 Uhr an. „Die Betreuung bis 13 Uhr ist angelehnt an die verlässliche Grundschule“, sagte Ilse Wehrmann. Sie führt weiter aus „Die Arbeitsverhältnisse werden immer flexibler, da können die Kindergärten nicht starr bleiben“. Die zusätzliche Betreuungszeit habe die BEK in Absprache mit der Stadt Bremen eingeführt, die diese auch mitfinanziere, sagte Jörg Henschen, Sprecher der Sozialbehörde. ube