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Brave Bremer fliegen nicht – höchstens LTU

Miles & More: Kröning fährt Rad, Kunick paddelt. Die Grüne Beck liebt LTU. Und Neumann war gestern in Berlin verschollen

Die Bundestagsabgeordneten der Bremer Wahlkreises wiegeln eifrig ab: Anders als die reuigen Sünder Cem Özdemir (Grüne) und Gregor Gysi (PDS) wollen die vier Bremer MdB ihre dienstlich erworbenen Miles-and-More-Guthaben niemals für Privatflüge genutzt haben.

„Ich fliege nur dienstlich, nicht privat“, sagt der SPD-Parlamentarier Volker Kröning. Er habe erst vor kurzem damit angefangen, ein Miles-and-More-Bonuskonto anzulegen – in Anspruch genommen habe er es bislang nicht.

Überdies halte er von der umstrittenen Flug-Regelung gar nichts. Kröning: „Das ist missverständlich und schafft nur Bürokratie.“ In seiner Freizeit halte er sich jedenfalls „striktement an Fahrrad und Bahn“.

Krönings Genosse und Abgeordneten-Kollege Konrad Kunick (SPD) paddele gerade „durch alle möglichen Gewässer“ und sei nicht erreichbar, so Richard Bulka aus dem Berliner Bundestagsbüro des MdB.

Bulka „geht davon aus“, dass Kunick seine Miles-and-More-Guthaben gewiss nicht privat verflogen habe. Zumindest könne er sich „das nicht vorstellen“, lässt sich der treue Mitarbeiter Kunicks freilich ein Hintertürchen offen.

Die Grünen-Abgeordnete und Ausländerbeauftragte Marieluise Beck hat offenbar ein reines Gewissen: Sie hat gestern Vormittag mit ihrem Berliner Büro telefoniert und von dort Entwarnung erhalten. Einmal hätten ihre Mitarbeiter versucht, Miles-and-More-Punkte an den Bundestag zurückzugeben, berichtet Beck: „Das war eine wahnsinnig komplizierte Prozedur.“ Seitdem lasse man die Guthaben verfallen. „Außerdem kringel ich mich mit meiner Familie lieber im Charterflugzeug“, teilt die Grüne mit. Mithin sei sie „vielmehr ein LTU-Fall als ein Lufthansa-Fall“.

Der Bremer CDU-Landesvorsitzende Bernd Neumann, der auch dem Bundestag angehört, war gestern für die taz nicht zu sprechen. Er sei „auf Terminen in Berlin“. Auch sie erreiche ihren Chef leider nicht, bedauerte seine Bremer Mitarbeiterin.

In der Bremischen Bürgerschaft betrachtet man die Berliner Aufgeregtheiten gelassen. Die Miles-and-More-Regelung für die Landtagsabgeordneten sei zwar identisch mit derjenigen des Bundestages, weiß Bürgerschafts-Direktor Rainer Oellerich. Von der Lufthansa werde so gut wie kein Gebrauch gemacht: „Es wird wenig gereist hier.“ Zum Trost bekommen die Abgeordneten der Bürgerschaft wenigstens etwas geschenkt: alle Zugfahrten zwischen Bremen und Bremerhaven. Markus Jox

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