: Rakete ohne Wunderland
Eine Attrappe der europäischen Trägerrakete Ariane 4 ist im Space Park „gelandet“. Die Präsentation wollten die Einkaufs- und Erlebnisleute für eine große PR-Aktion nutzen. Das gelang nicht ganz
„Einkaufszentrum mit Rakete“ hatten die Grünen in den 90er Jahren über den Space Park gespöttelt: Die Rakete ist jetzt da, bis zum Einkaufszentrum ist es noch ein weiter Weg. „Ein neues Wahrzeichen für Bremen“, sei gestern an der Weser gelandet, wurde Pressemann Wolfgang Wilke nicht müde zu betonen. Eine original große Kopie der europäischen Trägerrakete Ariane 4 erhebt sich nun über die Space Park-Baustelle. 65 Tonnen schwer, 60 Meter hoch. Der Gröpelinger Riesenphallus hat einen Durchmesser von 3,60 Meter, und 870 Kilo kunterbunte Farbe.
Im November soll direkt neben der Rakete sogar noch ein „Space Shot“ installiert werden – ein Jahrmarktspaß, der 28 Personen raketenschnell in die Höhe katapultieren kann. Und damit der Space Park noch mehr Gaudi-Faktor hat, planen die Entwickler eine „Windharfe“ und einen Riesen-Springbrunnen.
Für das „erste und größte integrierte Entertainment- und Shopping-Center Deutschlands“ (Eigenwerbung) wurde ausgerechnet das Modell der Rakete gewählt, dass bei der Eröffnung des Gröpelinger Wunderlands nicht mehr ins All geschossen wird – nächstes Jahr fliegt nämlich schon die Ariane 5. Statt dessen habe man sich für „Bodenständigkeit, das Bewährte entschieden“, meinte Wilke, der „an diesem wunderbaren Tag“ bei „aller Skepsis“ über eins definitiv „nicht diskutieren“ will: dass das Gröpelinger Wunderland eine Riesenpleite zu werden droht. Der Space Park-Mann, tapfer: „Ich möchte jetzt über die Ariane reden.“
Die zur Raketen-Präsentation angereisten Journalisten sahen das leicht anders – und Wilke, der auch „geistiger Vater“ des Projekts genannt wird, knickte ein. Nicht nur, dass nach dem Ausstieg der Wiesbadener Köllmann AG ein riesiges Finanzloch droht, das mutmaßlich die Stadt Bremen flicken muss; gestern war der Space Park von einem neuen Hiobs-Gerücht überrollt worden.
Natürlich sei aber nichts dran an dem sich hartnäckig haltenden Gemurmel, dass die Stadt Bremen weitere 35 Millionen Euro für den Ausbau der Geschäftszeilen aufbringen müsse. Wilke, verschnupft: „Das kann ich dementieren.“ Er gehe weiter davon aus, dass die Mieter den Innenausbau selbst bezahlen müssten. Die Baukosten in Höhe von 500 Millionen Euro schließen den Innenausbau nicht ein – dafür müssen die Händler noch mal gut 120 Millionen aufbringen. „Ein typisches Kostenmodell“, betonte Wilke – ohne darauf einzugehen, dass diese Kosten auch ein Grund dafür sind, dass es längst noch nicht genug zugkräftige Mieter gibt.
Zu wenig Einzelhändler sind ja die Ursache dafür gewesen, dass der Eröffnungstermin um ein halbes Jahr auf März 2003 verschoben wurde. Wilke: „Wir wollen alle Komponenten gemeinsam öffnen.“
Auch beim Thema Großkino hatte der Pressesprecher wenig Erfreuliches zu vermelden. Derzeit wird im Space Park der mit 672 Sitzen größte Lichtspielsaal der Stadt erbaut. Allerdings ist die Lage auf dem Kinomarkt nicht besonders rosig – ein Betreiber fehlt nach wie vor. Wilke: „Wir haben beschlossen, den Eigenbetrieb vorzubereiten.“
Kai Schöneberg
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen