wir lassen belauschen
: taz enthüllt: Die Wahrheit über Skategate

„Schnauze, Franzmann!“

In Italien wurde mit Alimsan Tochtachunow eine wichtige Figur der Russenmafia verhaftet. Der Usbeke wird aufgrund von Gesprächen, die das FBI abhörte, verdächtigt, den olympischen Eislaufskandal in Salt Lake City initiiert zu haben. Er soll den französischen Verbandspräsidenten Didier Gailhaguet und die Preisrichterin Marie-Reine Le Gougne bewogen haben, dem russischen Paar Elena Bereschnaja/Anton Sicharulidse die Goldmedaille vor den Kanadiern Jamie Sale/David Pelletier zuzuerkennen. Der taz sind brisante Abhörprotokolle zugespielt worden, welche diesen Verdacht erhärten.

New York, ein kleines Hinterzimmer im Restaurant La Omertá in Little Italy. Drei Männer sitzen um einen Tisch.

Demetrio Mascarpone, Pate (reibt sich die Hände): „So, so, das hätten wir. 30 Tonnen Kaviar, den schwarzgebrannten Wodka und die Kalaschnikows, alles bestens. Es ist doch ein Freude, mit euch Russkis Geschäfte zu machen. Komm, Towarisch, lass uns die Sache mit einem Grappa begießen.“

Alimsan Tochtachunow, Russenmafioso: „Moment, da wäre noch eine Kleinigkeit. Was ist mit den Preisrichtern?“

Mascarpone: „Ihr Russen lernt es nie. Die Burschen heißen Buchmacher, nicht Preisrichter.“

Tochtachunow: „Nein, nein, ich meine Preisrichter. Beim Eiskunstlaufen.“

Mascarpone: „Beim … WAS!“

Tochtachunow: „Na, Eiskunstlaufen. Aah, ich liebe diesen Sport. Wenn sie so dahingleiten, in ihren prächtigen Kostümen, voller Anmut und Grazie …“

Mascarpone: „Ham sie dir ins Hirn geschissen, oder wie?“

Tochtachunow: „Diese verzwickten Schrittkombinationen und wenn sie dann zum dreifachen Toeloop ansetzen, göttlich …“

Mascarpone: „Ich zwirbele dir gleich einen dreifachen Toeloop in deinen Hals, wenn du nicht aufhörst, so ein Blech zu reden.“

Tochtachunow: „Und erst Elena Bereschnaja, eine Elfe, leicht wie eine Efeuranke.“

Mascarpone: „Ach, Weiber. Du willst also Weiber. Sag das doch gleich. Ich kenne einen Schuppen gleich um die Ecke, da gibt es Efeuranken noch und nöcher.“

Tochtachunow: „Du verstehst nicht, Gospodin, das russische Paar muss einfach Gold gewinnen, ich könnte es nicht ertragen, wenn die Kanadier, diese Holzklötze …“

Mascarpone: „Also, mir reicht es jetzt, ich gehe einen Grappa trinken.“

Tochtachunow: „Keinen Schritt weiter oder ich verputze meine 30 Tonnen Kaviar alleine.“

Mascarpone: „Also gut. Schreib die Namen von den Paaren auf, die ins Gras beißen sollen, und Luigi hier erledigt die Sache.“

Tochtachunow: „Bist du verrückt, dann fällt doch der Wettkampf aus. Wir müssen den Preisrichtern etwas anbieten.“

Mascarpone: „Okay, wie wär’s, wenn Luigi ihnen anbietet, dass sie, wenn sie nicht tun, was wir sagen, morgen mit drei Fuß Erde über sich aufwachen?“

Tochtachunow: „Ich habe eine bessere Idee. Pass auf …“

Salt Lake City, einige Tage später im Restaurant La Ultima Esperanza. Didier Gailhaguet und Marie-Reine Le Gougne speisen Saltimbocca. Plötzlich erscheint Luigi und setzt sich unaufgefordert an ihren Tisch.

Luigi: „Nicht erschrecken. Alles in Ordnung, ich bin nur ein Abgesandter der Russenmafia.“

Gailhaguet, Le Gougne: „Aaaaaaah!“

Luigi: „Wenn ihr spurt, passiert euch nichts. Hört zu: Das russische Paar muss Gold bekommen und …“

Gailhaguet: „Aber die gewinnen doch sowieso, die Kanadier sind doch Holzklötze und …“

Luigi: „Schnauze, Franzmann, oder ich mach dich platt.“

Gailhaguet: „Schon gut, schon gut. Aber wie sollen wir das machen, Marie hat doch nur eine Stimme?“

Luigi: „Lasst euch was einfallen. Und vor allem: Keine Zicken!“

Gailhaguet (glucksend): „Na, zwei, drei werden schon in der Jury sein.“

Le Gougne: „Didier!“

Luigi: „Dann wäre da noch die Sache mit der Gegenleistung.“

Gailhaguet: „Gegenleistung?“

Luigi: „Das französische Paar gewinnt im Eistanz.“

Gailhaguet: „Aber die gewinnen doch sowie … okay, okay, ich bin ja schon still. Also, machen Sie’s gut und grüßen sie die Mafia.“

Luigi tritt ab.

Gailhaguet: „Puh, da haben wir noch mal Schwein gehabt. Das müssten wir doch hinkriegen, oder?“

Le Gougne: „Klar. Hauptsache, dieser Trampel von Sicharulidse fällt nicht wieder auf die Fresse.“

Gailhaguet: „Beschrei es nicht.“ MATTI LIESKE