Die Türkei schafft die Todesstrafe ab

Mit der Abschaffung erfüllt Ankara eine zentrale EU-Forderung. Nutznießer ist auch der zum Tode verurteilte PKK-Chef

ISTANBUL taz ■ Nach heftiger Debatte hat das türkische Parlament gestern die Todesstrafe abgeschafft. In einer schon jetzt als historisch apostrophierten Sitzung stimmten 256 Abgeordnete dafür und 162 dagegen. Damit wird die Todesstrafe in Friedenszeiten abgeschafft und nur noch unter Kriegsrecht angewandt. Mit dem gestrigen Beschluss werden bisher verhängte und noch nicht vollstreckte Todesstrafen in lebenslängliche Haftstrafen umgewandelt. Dies betrifft auch den Führer der Kurdischen Arbeiterpartei PKK, Abdullah Öcalan. Gerade mit Verweis auf den vor zwei Jahren zum Tode verurteilten PKK-Chef hatten die Nationalisten der MHP und Teile der Islamisten gegen die Aufhebung der Todesstrafe gestimmt. Die Abschaffung komme einer Amnestie Öcalans gleich.

Die Abschaffung der Todesstrafe ist eine der zentralen Forderungen der EU an die Türkei und steht deshalb schon seit Jahren auf der Agenda. Obwohl die Todesstrafe seit 1984 nicht mehr vollstreckt wird, fand sich bislang vor allem angesichts des Bürgerkrieges im kurdischen Südosten des Landes nie eine Mehrheit. Nach der Abstimmung über die Todesstrafe setzte das Parlament seine Beratungen über andere Gesetze eines größeren EU-Reformpaketes fort. Erwartet wurde, dass die Parlamentsdebatte bis zum späten Abend andauerte. JG

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