Fieberphantasien á la Lynch

Wenigstens der Hamburger Autor Stefan Beuse lässt in seinem Kriminalroman die Stadt in Hitze versinken: In „Die Nacht der Könige“ kämpft sich Creative-Director Jakob Winter durch einen Dschungel aus Illusionen

Brütende Hitze liegt über der Stadt – in Stefan Beuses Roman Die Nacht der Könige zumindest. Dem sonst eher coolen, etwas zynischen Werbetexter Jakob Winter kommt es so vor, als müsse er sich in einer „Fieberphantasie aus Hitze und Staub“ bewegen. Wie beruhigend, dass sein Urlaub schon in greifbarer Nähe ist, er wird seiner Familie ins Ferienhaus nachreisen, sobald er diesen einen lukrativen Großauftrag an Land gezogen hat. Kein Problem, glaubt der erfolgsverwöhnte Profi, zumal ihm seine Agentur die versierte Kontakterin Tatjana zugeteilt hat.

Doch nach dem Besuch beim potenziellen Kunden ist Jakob irritiert: Herr Korff, der Chef, und seine Assistentin Lilly scheinen ihn zu kennen – oder bildet er sich das nur ein? Vielleicht bestehen Verbindungen zu dem merkwürdigen Fortbildungsseminar, an dem er als angehender Werbetexter vor Jahren teilnahm. Irgendjemand hat offensichtlich Interesse daran, dass er der Sache nachgeht. Ihm fallen mysteriöse Videoaufnahmen in die Hände, die mit dunklen Ecken seiner Vergangenheit zu tun haben. Immer tiefer verstrickt sich Jakob in ein Netz von skrupellosen Karriere-Ideologen und esoterischen Zirkeln. Die Warnungen seiner besorgten Kollegin Tatjana schlägt er in den Wind.

Es sieht so aus, als solle ihm ein Verbrechen in die Schuhe geschoben werden. Aber er ist sich nicht sicher, welche Motive dahinter stecken. Letztlich kann er nicht einmal völlig ausschließen, dass er tatsächlich nichts damit zu hat. Über die Abgründe seiner Persönlichkeit gewinnt Jakob nur widersprüchliche Erkenntnisse. Beim Versuch die Geschehnisse logisch einzuordnen, stößt er ständig an Grenzen. Den LeserInnen geht es nicht viel besser, denn die Szenen lassen sich nicht vollständig auflösen. Kaum glaubt man, der Wahrheit ein Stück näher gekommen zu sein, entzieht sie sich schon wieder.

Das unbehagliche Gefühl, nicht zu wissen, was Wirklichkeit und was Einbildung ist, ruft Stefan Beuse sehr gekonnt hervor. Wen wundert‘s: Der Hamburger ist bekennender David Lynch-Fan. Klappt man das Buch zu, ist es gar nicht so unangenehm, sich in einer Welt wiederzufinden, in der es häufiger mal regnet.

Ariane Dandorfer

Stefan Beuse: Die Nacht der Könige, Piper Verlag, München 2002, 17,90 Euro