Das Duell: och nö, lieber nicht

Kaum Zuhörer, kaum Streit, viel Einigkeit: Der Wahlkampf hat begonnen

„Naja“, sinniert die Frau aus dem Publikum später, „der Titel sollte ja nur Leute anlocken.“ Noch nicht mal dem wurde der Name der Veranstaltung gerecht. „Das Duell“ hieß die Sache. Wie bald Stoiber gegen Schröder, stellten sich gestern an der Uni CDU-Bundestagsabgeordneter und -kandidat Bernd Neumann und sein SPD-Kollege Volker Kröning den Wählern. Vor knapp 30 Menschen – die Hälfte Parteivolk, ein weiteres Viertel Medienmenschen – lieferten sie sich ein fast freundschaftliches Nebeneinander der eigenen Statements und allenfalls ein augenzwinkerndes Hin und Her von Vorwürfen am jeweils anderen Programm.

Die Staatsverschuldung sinke, begann Kröning, die „mehr außen- als binnenwirtschaftlich bedingte Flaute“ sei „kein Einbruch, sondern eine Delle“. Tja, und die Arbeitslosigkeit. „Die Beschäftigungsquote ist ja höher, die Zahl der Erwerbspersonen auch, und das ist gewollt“, erklärt er. Will heißen: Wo’s mehr zu zählen gibt, zählt man auch mehr. Und: Weniger Langzeitarbeitslosigkeit sei „nur über Strukturreformen und Wirtschaftswachstum zu erreichen.“

Neumann hingegen zitiert Zahlen, nach denen 200.000 Menschen aus dem Erwerbsleben ausgeschieden seien – will heißen: wo’s weniger zu zählen gibt, wiegt das zu Zählende umso schwerer – und findet ansonsten die Personallage der SPD „desaströs, wir sind besser“. Außerdem habe der Kanzler seine Versprechen nicht gehalten. Neumann redet länger, und irgendwann sagt Kröning zu Moderator Thomas Wodarz von den veranstaltenden Stipendiaten der Friedrich-Ebert-Stiftung: „Sie achten auf die Zeit?“ Der Angesprochene schreckt auf, sagt „richtig“ und „äh“ und „gibt es Fragen aus dem Publikum?“

Ob das Stoibersche Kompetenzteam nicht zu Süddeutschland-lastig sei? „Mir wäre auch ein Typ wie Stoiber lieber, der aus Bremen kommt“, sagt Neumann, „es ist, wie’s ist. Man kann sich die Leute nicht backen.“ Nein, keine Bange, dass Bremen dann schlechter weg käme. „Davon gehen Sie bitte mal aus, dass so jemand wie ich darauf achtet.“

Worauf Kröning kontert, dass es Stoiber war, der den Länderfinanzausgleich vors Bundesverfassungsgericht gebracht hatte. „Wir hatten allergrößte Mühe, diesen Anschlag abzuwehren.“

Bei Bremen sind sich die Kandidaten einig. „Das Fortsetzen der Sanierungshilfen ist unverzichtbar“, formuliert Neumann. 2004 laufe zwar das Sanierungsprogramm aus, so Kröning, „aber die Sanierung ist nicht beendet.“ Dann wünscht er sich „ein Infrastrukturprogramm für Nordwestdeutschland.“

Als es dann um die Flugmeilen geht, wiederholen beide mehrfach, sie wüssten kaum, was das sei, Miles & More. „Wir sind beide zum Glück davon nicht betroffen, deshalb brauchen wir uns da gar nicht weiter aufzuhalten“, sagt Kröning und hält sich lieber beim „Neidkomplex“ auf. „Der Neidkomplex ist so gefährlich, weil er so tut, als bestünde ein Politikerleben nur aus Privilegien“, sagt Kröning und erzählt von seiner 60-Stunden-Woche. Kollege Neumann legt die Hände nebeneinander auf den Tisch und nickt ein bisschen.

„Nicht viel Inhalt“, findet am Schluss ein Zuhörer. Die Frau neben ihm ist erst kurz in Bremen. „Heute habe ich zum ersten Mal kapiert“, sagt sie „dass hier eine große Koalition regiert.“ sgi