SPD MACHT STEUERFLÜCHTLINGE ZU PIONIEREN DES WIEDERAUFBAUS: Schwarzes Geld für roten Osten
Von Onkel Dagoberts Reichtum träumte die SPD schon immer. Nicht dass sie, wie der alte Geizhals, selber gern im Geld baden wollte. Die Sozis sahen sich lieber in der Rolle der Panzerknacker: nichts unversucht lassen, um Dagoberts Knete zu kriegen – und obendrein noch gerecht sein. Denn die eroberten Vermögen wurden bei den Sozialdemokraten bisher natürlich sozialisiert. Mit diesem zwangsweisen Umverteilen ist es nun vorbei.
Mit ihrer Amnestie für Steuerflüchtlinge wollen die Sozialdemokraten ein neues Kapitel in der Steuerpolitik aufschlagen. Sie sind dabei, eine straf- und stressfreie Wiederverwertung geflohenen Kapitals einzuführen – freiwillig und zum Wohle aller. Denn tatsächlich gibt es kaum jemanden, der nicht von der geplanten Steueramnestie profitieren würde. Der von der Hartz-Kommission erfundene Job-Floater macht’s möglich: Die Sozis holen das am Fiskus vorbei ins Ausland gemogelte Geld nicht nur zurück – nein, sie flechten den, wenn man so will, Steuerkriminellen sogar noch einen Lorbeerkranz. Das Kapital nämlich fließt zum reduzierten Steuersatz heim ins Land – und dient noch dazu dem Wiederaufbau des deutschen Mezzogiorno, des Ostens der Republik. Schwarzes Geld waschen, um den roten Osten aufzupäppeln – darauf muss man erst mal kommen.
Seit 1998 definiert die SPD ihre Vorstellung von Steuergerechtigkeit um. Zuerst überredeten die Parteigeneräle ihre Basis dazu, von ihrer Forderung nach einer Vermögensteuer für Reiche Abstand zu nehmen. Dann brachten sie den Begriff „Freiwilligkeit“ ins Spiel. Seitdem können Vermögende ihren Reichtum über Stiftungen vergesellschaften. Nun tritt die Anerkennung hinzu. Eine Billion Euro haben Steuerflüchtlinge außer Landes geschafft. Dieses Geld soll für die Krisenaufgabe schlechthin, den Abbau der Arbeitslosigkeit speziell im Osten, verwandt werden – und resozialisiert zugleich die Steuerhinterzieher. Das ist der Coup rot-grüner Steuergesetzgebung schlechthin.
Es mag Leute geben, die es als ungerecht empfinden, wenn Steuersünder besser behandelt werden als Steuerzahler. Diese Sichtweise lässt die ironische Schönheit der geplanten Steueramnestie unberücksichtigt. Die Konditionen – flache Steuersätze, Rendite, hohe gesellschaftliche Anerkennung – sind so simpel und so attraktiv, dass selbst brave Steuerbürger ihr Geld lieber auf diese Weise hergeben würden. Schließlich macht es mehr Sinn, Jobs zu floaten, als blöde Steuererklärungen abzugeben. Die Amnestie ist somit ein eindrucksvolles Beispiel dafür, wie kompliziert und ungerecht unser Steuersystem geworden ist. CHRISTIAN FÜLLER
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