vorlauf
: Gruselgeburt

„Tigermännchen sucht Tigerweibchen“ (ARD, 20.15 Uhr)

Deutsche Frauen sollen wieder Freude am Gebären entdecken, denn es droht die Überalterung unserer Gesellschaft. Da muss als Sujet herhalten, worüber keine Frau so richtig lachen kann.

Marlene Singer (Algaia Syszkowitz), Mitte 30, Lektorin, hat eigentlich keine Lust auf ein zweites Kind. Fühlt sie sich doch bereits mit einer Tochter sichtlich überfordert. Man sieht deutlich im Film: Sie mag nicht. Kotzen über der Kloschüssel, manisches Mampfen von Fischbrötchen. Nee, nee, zu viel Verantwortung! Und jeder Flirt geht schief. Sobald der anvisierte Liebespartner erkennen muss, dass er es mit einer allein erziehenden Mutter zu tun hat.

In Ordnung, bis dahin ist die Komödie noch relativ lustig. Aber dann entgleist Michael Kreihsls Komödie nach dem Drehbuch von Eva Spreitzhofer-Wiesner zum öden Schmachtfetzen: Will die ARD das Mutterkreuz verliehen bekommen? Werden Fernsehkomödien neuerdings christdemokratisch zensiert?

Marlene spricht das Wort „Abtreibung“ im Film jedenfalls nicht aus. Zu erahnen ist nur, dass sie dies gedanklich in Erwägung gezogen haben könnte. Doch Pustekuchen, der Bauch wird rund. Schwangerschaftsgymnastik beginnt. Mit Rüdiger Mauskopf (Richy Müller) kommt der Vorzeigevater ins Spiel – allerdings ebenfalls wider Willen. Erklärtermaßen ist auch der Erzeuger nicht scharf aufs Baby. Aber – Ende gut, alles gut – vorm Kreißsaal heißt es: „Wir müssen uns jetzt freuen“. Fassen wir zusammen: Kein Mensch in dieser Komödie will ein Kind. In die Welt gesetzt wird es dennoch. Ach, muss Liebe schön sein. Und Kinderkriegen erst.

Prima, dass ARD-Redakteure darüber lachen können, wenn ungewollter Kindersegen staatstragend propagiert wird. Ansonsten jedoch gilt: So viel Möhrensaft kann im Film gar nicht verschüttet werden, dass wir das komisch finden. Man muss nicht Feministin oder Anhängerin der „Mein Bauch gehört mir“-Devise sein, um Schmonzetten, die derart platt auf patriarchalischen roll back setzen, als reaktionär einzustufen – „Tigermännchen sucht Tigerweibchen“ lässt jeden halbwegs aufgeklärten Fernsehzuschauer gruseln.

GITTA DÜPERTHAL