Erste Haftstrafe für Osttimor-Massaker

Gericht in Jakarta lässt indonesischen Exgouverneur mit erstaunlich niedriger Gefängnisstrafe davonkommen

BANGKOK taz ■ Als erster indonesischer Vertreter ist der frühere Gouverneur von Osttimor, Abilio Soares, gestern in Jakarta wegen Menschenrechtsverletzungen in der ehemals annektierten früheren portugiesischen Kolonie zu einer Haftstrafe von drei Jahren verurteilt worden. Soares trage Mitschuld an den grausamen Verbrechen in Osttimor vor und nach dem Unabhängigkeitsreferendum 1999, befand ein Ad-hoc-Menschenrechtsgerichtshof. Er habe nichts getan, um die in seinem Verantwortungsbereich erfolgten Gräueltaten an der Zivilbevölkerung zu verhindern.

Soares ist der erste von 18 Angeklagten, gegen den ein Urteil ergeht. Mit dem als viel zu milde kritisierten Urteil blieb Richterin Emmy Murni Mustafa deutlich unter den Forderungen der Staatsanwaltschaft. Die hatte für Soares zehneinhalb Jahre gefordert und kündigte wie er selbst Berufung an. Mustafa erklärte, Soares habe eine geringere Strafe bekommen, weil Osttimors Präsident Xanana Gusmao um Milde für den Angeklagten gebeten habe. Zudem seien Soares’ Befugnisse durch die damalige UN-Mission in Osttimor eingeschränkt gewesen.

Indonesien hatte 1975 den Ostteil der Insel Timor besetzt, nachdem die portugiesischen Kolonialherren nach 400 Jahren abgezogen waren. Als sich Osttimor 1999 in einem UN-Referendum für die Unabhängigkeit entschieden hatte, verwüsteten pro-indonesische Milizen das Land. Nach UNO-Schätzungen wurden dabei über eintausend Menschen ermordet, mehr als 250.000 mussten flüchten. Indonesiens Regierung geriet später wegen der in Osttimor verübten Massaker unter Druck, die Verantwortlichen juristisch zu belangen.

Menschenrechtsorganisationen monieren an dem Verfahren, dass die immer noch als korrupt geltende Justiz Indonesiens hochrangige Vertreter aus Militär und Politik, die bei den Gewalttaten in Osttimor eine zentrale Rolle gespielt haben, gar nicht erst anklagte. Die Rede ist dabei vom früheren Oberbefehlshaber, General Wiranto, dem damals zuständigen Minister Feisal Tanjung und dem militärischen Geheimdienstchef Zacky Anwar Makarim. Die UNO hatte mit einem internationalen Tribunal gedroht, sollte Jakarta nicht die Verbrechen aufarbeiten. Bei dem Prozess versuchten die Angeklagten, die Gewalt als innertimoresische Konflikte darzustellen und die maßgebliche Rolle indonesischer Vertreter herunterzuspielen.

NICOLA GLASS

kommentar SEITE 10