Kritik an Jakarta

Indonesisches Gericht spricht Offiziere von Schuld an Osttimor-Massakern frei und erntet massive Kritik

BERLIN taz ■ Osttimors ehemaliger Polizeichef und fünf weitere Exoffiziere sind gestern von einem indonesischen Menschenrechtsgerichtshof in Jakarta freigesprochen worden. Brigadegeneral Timbul Silaen und den anderen sei keine Verantwortung für Massaker im April und September 1999 nachzuweisen gewesen. Die Staatsanwaltschaft hatte für Silaen zehneinhalb Jahre Haft gefordert und ihm vorgeworfen, vor und nach dem Unabhängigkeitsreferendum Massaker in seinem Verantwortungsbereich geduldet zu haben.

Am Mittwoch war der Gouverneur des damals von Indonesien besetzten Osttimors, Abilio Soares, zu drei Jahren Gefängnis verurteilt worden. Auch hier hatte die Staatsanwaltschaft zehneinhalb Jahre gefordert. Insgesamt stehen in Jakarta seit März 18 Personen, 3 Timoresen und 15 Indonesier, wegen Massakern vor einem Gericht, das erst auf internationalen Druck eingerichtet wurde. Es untersucht nur Verbrechen von April und September 1999 und aus nur drei Distrikten. Keiner der indonesischen Generäle, die als hauptverantwortlich gelten, wurde angeklagt.

Die Urteile stießen im Ausland und bei indonesischen Menschenrechtsorganisationen auf scharfe Kritik, in Osttimor gab es ein gemischtes Echo. UN-Menschenrechtskommissarin Mary Robinson erklärte nach dem Soares-Urteil am Mittwoch, die Anklage habe versäumt, die Morde als „weitverbreitetes und systematisches Muster von Gewalt“ darzustellen. Dies untergrabe die Intergrität und Glaubwürdigkeit des Verfahrens. Erneut bot sie dem Gericht Beweise an, die die UNO in Osttimor gegen indonesische Militärs ermittelt habe und die Jakarta nicht berücksichtigen wollte.

Der grüne Staatsminister im Auswärtigen Amt, Ludger Volmer, nannte laut einer Sprecherin die Verfahren „enttäuschend“. Man werde vielleicht daran denken müssen, die ursprüngliche Idee eines UN-Tribunals wieder aufzugreifen, sagte Volmers Sprecherin der taz.

Der indonesische Menschenrechtsanwalt Munarman warf dem Gericht vor, sich nicht ernsthaft vorbereitet zu haben. Amnesty international erklärte, das Verfahren bringe „weder Wahrheit noch Gerechtigkeit“.

Nur Osttimors Außenminister José Ramos-Horta bezeichnete das Urteil gegen Soares als gerecht. Es mache ihn aber traurig, dass genau jene Osttimoresen verurteilt würden, die am wenigsten verantwortlich seien. Andere osttimoresische Politiker äußerten sich kritischer.

SVEN HANSEN