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Möllemann bis Flut

Das hatten sich die Politiker so gedacht: Erst mal Urlaub machen und dann, Ende August, in die heiße Wahlkampfphase durchstarten. Von wegen. So viele überraschende Wendungen wie diesmal gab es in einem Wahlkampf schon lange nicht mehr. Die Sommerferien hatten noch gar nicht begonnen, da bescherte der Düsseldorfer Staatsmann Jürgen W. Möllemann seiner Partei eine Antisemitismusdebatte. Prompt stürzt die FDP in den Umfragen ab. Auf Möllemann folgte Nitrofen: Der Schadstoff wurde ausgerechnet in Bioprodukten entdeckt. Schlecht für die Grünen und ihre Agrarwende. Es folgten im Juli der erzwungene Rücktritt von Telekom-Chef Ron Sommer und die Entlassung von Verteidigungsminister Rudolf Scharping. Was als Befreiungsschlag für den Kanzler gedacht war, führte zu einen Umfragetief der SPD. Kurz danach erwischte es wieder die Grünen. Cem Özdemir trat wegen Hunzinger und Bonusmeilen ab, auch Fraktionschef Rezzo Schlauch machte in der Affäre keine gute Figur. Ein Glück für die Partei, dass der Rücktritt Gregor Gysis die Aufmerksamkeit ablenkte. Seitdem bangt die PDS um den Wiedereinzug in den Bundestag. Die Wahl schien für Rot-Grün gelaufen – da eilte die Natur den Koalitionären zu Hilfe. Dank des Hochwassers können sie sich als Krisenmanager profilieren, die Union sieht mangels Klimapolitik plötzlich ganz alt aus. Aber Vorsicht: Nächste Woche ist vielleicht alles wieder anders. RAB