Unter Beobachtung

Das Bonner Umweltaktiendepot hat die Wertpapiere der Condomi AG aus seinem Depot genommen. Dem Kölner Kondomhersteller wurde mangelnde Transparenz vorgeworfen. Im NAI weiterhin drin

Die Condomi AG, ein Hersteller von Kondomen, macht von sich reden. Die Firma engagiert sich seit Jahren im sozialen und ökologischen Bereich. Anerkennung verdienten sich die Kölner mit ihrem Einsatz zur Bekämpfung von Aids in Afrika, aber sie unterstützen auch die Tropenstiftung Oro Verde. Die Überzieher bestehen aus Naturkautschuklatex und sind komplett kompostierbar. Das seit November 1999 börsennotierte Unternehmen ist ein klassischer Kandidat für Umwelt- und Ethikfonds.

Doch kürzlich wurden Zweifel laut: Philipp Spitz, Bonner Umweltaktienanalyst bei Murphy&Spitz Umwelt Consult und Mitglied des Anlageausschusses des Umweltaktiendepots Deutschland, wirft der Condomi AG mangelnde Transparenz beim Rohstoffeinkauf und den damit verbundenen Fragen zu sozialen Standards auf den Kautschukplantagen vor. „Im Auftrag des Anlageausschusses des Umweltaktiendepots haben wir im März 2002 eine schriftliche Anfrage an den Vorstand gerichtet“, sagt Spitz. Diese habe unter anderem Fragen nach der Beschäftigung von Kindern, der Arbeitszeit und den Durchschnittslöhnen enthalten. Soweit man wisse, beziehe Condomi seine Rohstoffe von drei Hauptlieferanten in Afrika und Asien; dort herrschten gewöhnlich schlechte Arbeitsbedingungen. „Bis heute liegt uns keine schriftliche Antwort von Condomi vor“, berichtet Spitz. Das Umweltaktiendepot habe daher alle Aktien des Unternehmens verkauft.

Jens Große-Allermann, Finanzvorstand der Condomi AG, zeigt sich irritiert über die Vorwürfe von Spitz: „Es ist nicht unsere Absicht, etwas zu verschleiern.“ Man habe die Lieferanten direkt aufgefordert, schriftlich Auskunft zu erteilen. „Wir sind zunächst auf die Auskünfte unserer Zwischenhändler angewiesen“, so Große-Allermann. Derzeit sammele man die Angaben der verschiedenen Partner und bereite eine Veröffentlichung vor. Warum tritt das Unternehmen angesichts der Vorwürfe nicht schneller in die Öffentlichkeit? Der Finanzvorstand bemüht sich, zu erklären: „Seit Anfang des Jahres haben wir in unserem Erfurter Werk eine vollautomatische Kondomproduktion gestartet. Damit die funktioniert, brauchen wir Rohstoffe von konstanter Qualität.“

Bevor Condomi der Öffentlichkeit und damit auch der Konkurrenz seine Bezugsquellen offen lege, müsse sich das Unternehmen vertraglich gegenüber den Lieferanten absichern, sonst werde der Ablauf der Produktion gefährdet. Es gebe weltweit nur wenig Kautschuk in der hohen Qualität, wie Condomi sie benötige, so Große-Allermann. Auch seien die Kautschukernten ständig durch unvorhersehbare Ereignisse wie Wetterkatastrophen gefährdet. Der wichtigste Lieferant von Condomi habe die von Murphy&Spitz gestellten Fragen bereits umfassend beantwortet und schriftlich zugesichert, dass die Mitarbeiter auf den Plantagen des Unternehmens gewerkschaftlich organisiert seien, erläutert der Condomi-Vorstand. Die Firma zahle für ihre Beschäftigten in eine staatliche Sozialversicherung ein, es würden keine Kinder beschäftigt, 19 medizinische Stationen würden unterhalten. „Die haben sogar eigene Schulen für die Kinder der Beschäftigten aufgebaut“, betont Große-Allermann. „Unser Vorstandsvorsitzender wird die Plantage unseres größten Lieferanten in Kürze selbst besuchen, um die Angaben zu überprüfen.“

Was will das Unternehmen tun, um die sozialen Standards für die Mitarbeiter seiner Lieferanten in Zukunft nachprüfbar abzusichern? Große-Allermann kann noch kein fertiges Konzept anbieten, man berate zurzeit über ein geeignetes Verfahren. „Wir müssen vor allem den passenden unabhängigen Partner finden, der die Zertifizierung vor Ort leisten kann“, sagt er.

Die Condomi AG verkauft ihre Produkte in 51 Länder. Die Aktie des Unternehmens ist am Smax-Segment der deutschen Börse notiert, der Emissionspreis zum Börsengang 1999 betrug 16 Euro. Die Analysten der Kölner Stadtsparkasse gaben in ihrer Anfang August veröffentlichten Studie den für das Geschäftsjahr 2001/02 erwarteten Umsatz des Kondomherstellers mit 38,4 Millionen Euro an. Es sei positiv zu werten, dass das Unternehmen seine verlustreichen Aktivitäten im Medienbereich ausgegliedert habe, meinen die Kölner Wertpapierspezialisten und empfehlen Anlegern die Anteilscheine des Unternehmens zum Kauf. Der Höchstkurs der Papiere lag im Februar 2001 bei mehr als 30 Euro, im Juni 2002 wurden nur noch 13 Euro für die Aktie gezahlt. Condomi notierten am Freitag in Frankfurt mit 14 Euro.

Am Jahresanfang erst wurde das Unternehmen auch in den Natur-Aktien-Index (NAI) aufgenommen. „Mangelnde Transparenz“ ist nach den NAI-Kriterien an sich ein Grund, den Verbleib von Gesellschaften in dem Index kritisch unter die Lupe zu nehmen, was zum Rauswurf führen kann, sollten sich Verstöße gegen die Kriterien bestätigen. Der NAI-Ausschuss hatte indes im vergangenen Monat mitgeteilt, man habe „keine Veranlassung, Condomi aus dem Natur-Aktien-Index zu streichen“. Es gebe zwar „noch einen erheblichen Informationsbedarf hinsichtlich der Bedingungen auf den Kautschukplantagen“, man sehe jedoch keine „Verschleierung seitens Condomi“, sondern erkenne das Bemühen des Managements, „kurzfristige verlässliche Informationen zu beschaffen und diese zur Verfügung zu stellen“.

CHRISTOPH LÜTZENKIRCHEN/
ECOREPORTER.DE