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: Elegante Lösung der Flut-Finanzierungsfrage

Die Maschinerie der Bundesregierung hat wieder Schwung aufgenommen. Vergessen das zerknirschte Gesicht des Kanzlers angesichts vier Millionen Arbeitsloser. Gestern wurde die Steuerreform verschoben und Mittel innerhalb des Bundesverkehrsministeriums umgeleitet, um die Flutschäden in den betroffenen Bundesländern schnell zu beheben. Die Flut ist erst halb die Elbe hinunter und schon sind etwa acht Milliarden Euro herbeigezaubert. Von der ebenfalls ausgesprochenen Haushaltssperre und etwaigen EU-Milliarden ganz zu schweigen. Da soll noch einer meckern, von dieser Regierung würde nicht angepackt, was anzupacken ist.

 Weil die Steuergesetzgebung in diesem Fall der Zustimmung durch die Länder bedarf, trifft dieser Befreiungsschlag die Union gleich zweimal. Nicht nur dass die Bundesregierung schnell die Initiative ergreift und so weiter das Spiel bestimmt. Auch kann die Unionsmehrheit im Bundesrat nun nur noch Fehler machen: Stimmt sie zu, gibt sie der Regierung ihren Segen – unerhört in Wahlkampfzeiten. Lehnt sie aber ab, verhindert sie schnelle und sinnvolle Möglichkeiten zur Hilfe für die Flutopfer – unvorstellbar in Notzeiten. Diese Runde geht also an Schröder.

 Kommt noch hinzu, dass der Aufschub der Steuerreform auch wirtschaftlich sinnvoll ist. Gewiss, die Regierung verspielt so kurz vor der Wahl noch ein Stück Glaubwürdigkeit: Viele Unternehmen haben die geringeren Steuerausgaben bereits in ihre Geschäftsprognosen eingerechnet. Nun steigen ihre Kosten für 2003. Das wird ihre Möglichkeiten einschränken, zu investieren, ihre Produktion auszuweiten und vielleicht sogar den einen oder anderen neuen Mitarbeiter einzustellen. Es könnte aber auch zur Folge haben, dass Unternehmer ihre Prognosen nach unten korrigieren, vorsichtiger handeln und aus einem Gefühl heraus, dass auf nichts mehr Verlass ist, lieber ein bisschen mehr Rücklagen bilden. Der Vorschlag ist auch gut, weil alle Alternativen schlechter wären: Höhere Schulden in Milliardenhöhe würden Deutschland Ärger mit der EU in Brüssel einhandeln. Deutschland hat sich in vorderster Front den strengen Stabilitätskriterien der Euroländer verpflichtet und muss seine Neuverschuldung nun unter drei Prozent halten. Weitere Haushaltskürzungen, etwa im Baubereich, wären fatal für die schwache Konjunktur.

 Und der Vorschlag ist auch deshalb gut, weil er der Wirtschaft in Ostdeutschland helfen kann. Sieben Milliarden Euro werden so ausschließlich in den Flutgebieten ausgegeben. Ein sinnvolles Konjunkturprogramm.

REINER METZGER, KATHARINA KOUFEN