Polo jetzt auch für Zahnärzte

In Klein Flottbek schwingen am Wochenende gut betuchte Reiter in weißen Hosen ihre Bambusschläger. Der taz-Freizeittipp: Heute nachmittag ist der Eintritt zum Spiel der Könige frei

von MATHIAS WÖBKING

Über Geld spricht man nicht. Lieber über den Sommer auf Sylt oder die Hundezucht. Mittendrin stolzieren Männer mit Sascha-Hehn-Frisuren in weißen Hosen umher. Hier ein Küsschen, da ein Küsschen.

Am Eröffnungstag der Internationalen Deutschen High Goal Polo-Meisterschaft im Nobelviertel Klein Flottbek am vergangenen Freitag waren die Sportler und ihre Familien weitgehend unter sich. „Das ist freitags immer so“, sagt Christoph Plass, Pressesprecher beim Hamburger Polo Club, dem ältesten auf dem europäischen Festland. „Obwohl wir da keinen Eintritt verlangen.“ Obwohl?

Am Wochenende kostet ein Platz im VIP-Bereich 150 bis 180 Euro, falls man keine geschäftliche Einladung besitzt. Was so teuer ist, muss auch viel wert sein: Das Zelt ist gut gefüllt. Insgesamt besuchen über tausend Menschen das Turnier. Den meisten ist der exklusive Sport allerdings gerade 15 Euro für den normalen Eintritt wert. Es ist daher eher ein gediegenes Gartenfest auf Holzbänken und mitgebrachten Decken als ein Schaulaufen des Hamburger Großbürgertums, das sich am Rande des Spiels der Könige ereignet.

Wenige tausend Euro

Anders sieht die soziale Schichtung auf dem Spielfeld aus. Zwar sagt Moritz Gädeke, 17-jähriger Youngster vom Team „Rolex“: „Heute muss man nicht mehr reich sein, um Polo zu spielen.“ Doch dann rechnet er vor, dass „nicht reich“ zu sein, relativ ist: „Ein älteres Pferd, das zum Üben erstmal reicht, kostet nur wenige tausend Euro.“ Hinzu kämen etwa 200 Euro Stallmiete im Monat. Gädeke bekam sein erstes Pferd vom Vater, der eine Hotelkette besitzt. Wie sein 18-jähriger Bruder Felix, saß er mit acht Jahren zum ersten Mal mit dem Bambusschläger in der Hand im Sattel.

„Polo ist ein elitärer Sport“, bestätigt Plass. Doch die Betonung legt er auf Sport, nicht auf Elite: „Die Spieler müssen reiten können, ein Ballgefühl haben und vor allem mutig sein.“ Wegen des hohen Tempos und der Sturzgefahr sei Polo sehr gefährlich – für die Reiter, nicht für die Pferde. Drohe den Tieren Gefahr, werde sofort abgepfiffen, sagt Plass. Nicht nur aus Tierliebe: „Sechzig Prozent des Erfolgs hängen von den Pferden ab“, schätzt Gädeke.

Außer den 120 Pferden des Turniers stammt auch jeweils einer der vier Reiter in jedem der sechs Teams aus Argentinien. Ohne die südamerikanischen Profis gäbe es in Deutschland kein Polo der obersten Spielklasse. So entschied Martin Garrahan, der aus einer der angesehensten Polofamilien Argentiniens stammt, schon das Auftaktspiel mit vier Toren im letzten Viertel fast allein.

An den Profis liegt es laut Plass allerdings auch, dass keine einzige Frau an dem Turnier in Klein Flottbek teilnimmt. „In Argentinien ist Polo ein Macho-Sport.“ Hierzulande treten Frauen dagegen mit den Männern gemeinsam an. „Ich freue mich immer, wenn ich mit blauen Flecken vom Platz gehe“, sagt Constance Wetzel. „Dann merke ich, dass mich meine männlichen Kollegen ernst genommen haben.“

Um den Sport zu popularisieren, gründet Deutschlands einziger Profi, Thomas Winter vom „Wempe“-Team, zurzeit eine Polo-Schule in Osdorf, in der Talente kein eigenes Pferd besitzen müssen. Der 33-Jährige wurde in jungen Jahren selbst gefördert. Mit seinem damaligen Mentor, dem heute 66-jährigen Kaffeehändler Albert Darboven, spielt er jetzt in einem Team. Am Sonntag aber wohl zum letzten Mal: Darboven, der auch schon mit und gegen Prince Charles im Sattel saß, denkt ans Aufhören.

Geld hat man zu haben

Der Senior ist der Meinung, dass der royale Sport längst bei einer breiten Bevölkerungsschicht angekommen sei: „Heute spielen auch Zahnärzte und Rechtsanwälte“, sagt er über sein teures Hobby und demonstriert, wie sehr soziale Durchlässigkeit eine Frage des Maßstabs ist. Aber über Geld spricht man im Polo Club nicht. Geld hat man.

Spielbeginn in der Jenischstraße 26 ist heute 15 Uhr, Sa und So 14 Uhr.