Mittlerweile ein Politikum

Garantiert keine Texte über die Freundin und deren Katze: Carsten Klooks neue monatliche Literaturveranstaltung „Intermediate“ im Restaurant Rialto verspricht stattdessen Verstörendes

von ANNETTE STIEKELE

Literarische Texte befinden sich meistens in einem Zustand des Dazwischen. Und allzu oft bleiben sie hängen. Auf halber Strecke auf dem Weg von der Bücherstube eines Autors am Rande des Nervenzusammenbruchs und einem Papierstapel auf dem Schreibtisch eines Verlagslektors. Dieses Schicksal kennt Carsten Klook allzu gut. Seit seinem achtzehnten Lebensjahr schreibt der Hamburger Autor. Zunächst collagenhaft verschachtelte Prosaminiaturen und „expressionistische Sexgedichte“. Sein erster Roman entstand 1993.

Obwohl sich sogar ein Lektor von Günter Grass für ihn einsetzte, fanden Klooks Texte bis heute nicht den Weg zwischen zwei Buchdeckel. Zu krude, zu wortakrobatisch, zu unverdaulich und folglich zu unverkäuflich, so die Begründung. Er verlegte sich aufs Musikmachen, spielte in elf verschiedenen Bands, doch das Schreiben ließ ihn nicht mehr los. Auch als später längere Ausflüge in den Musikjournalismus und eine Festanstellung bei einem Großverlag folgten, bot er unermüdlich seine Texte ausgewählten Verlagen an. Vergeblich.

Zum Frust der Ablehnung kam, dass das Dasein als Schriftsteller vor allem ein einsames Geschäft ist. Klook suchte die Nähe anderer Autoren und gründete jetzt eine neue monatliche Literaturclubreihe. „Intermediate“ heißt sie, Untertitel: „Lesungen im Rialto“. Sie startet am kommenden Sonntag im gleichnamigen Restaurant.

Gelesen werden diesmal Texte von Hamburger Autoren. Allesamt unveröffentlichte Werke, die noch nicht durch den Filter der Verlagslektorate gedreht wurden. Die Eröffnungsveranstaltung wird ein bunter Mix aus ganz unterschiedlichen Texten. Carsten Klook selbst liest aus seinem neuen Roman Beige. Johannes Ottmar, früher Mitglied im Forum junger Autoren, präsentiert Texte zu Bildern von Karen Koltermann unter dem Motto: „Texte von unterwegs zu Bildern, die bleiben“. Die Hamburgerin Katha Schulte, früher Autorin bei Szene Hamburg und Spex wird zum ersten Mal Prosatexte vorstellen. Nach einem Kurzauftritt bei „Poets on the Beach“ stellt sich Petra Rodeck zum zweiten Mal mit Selbstverfasstem der Öffentlichkeit und lässt sich über das Leben mit der eigenen Trendboutique, Männermangel und Angstzustände aus.

Musik gibt es wie in jedem anständigen Literaturclub natürlich auch. Dafür sorgen die Klangflächen des Ein-Frau-Orchesters Silk Gate, im bürgerlichen Leben Silke Gatermann, und DJ dB-Service, hinter dem sich wiederum der Autor Carsten Klook verbirgt.

Über Beige, sein mittlerweile sechstes unveröffentliches Buch sagt Klook: „Das hat zwar sehr poetische Stellen, aber auch ganz viele banale, fast Simmelartige. In dieser Mischung ist das wahrscheinlich schon wieder experimentell.“ Ihm war das Ausprobieren immer wichtiger als das Vollenden eines neuen Buches.

„Für mich ist das mittlerweile ein Politikum. Ich glaube, dass bestimmte Formen von Seinszuständen und Emotionalitäten und ein nicht konformes Leben heute an den Rand gedrängt werden. Der wirtschaftliche Druck ist einfach zu groß“, meint Klook. Texte, in denen es um die eigene Freundin und deren Katze geht, interessieren ihn nicht. Für den 25. August verspricht er stattdessen verstörende Texte.

So, 25.8., 19 Uhr, Rialto (Michaelisbrücke 3)