Kandidat entdeckt die Umwelt

Stoiber betont zentrale Rolle des Umweltschutzes beim Treffen mit großen Umweltverbänden. Diese bleiben jedoch überwiegend skeptisch. Mehr Geld für Wärmedämmung und Biotopverbund auf Truppenübungsplätzen in Aussicht gestellt

aus München OLIVER HINZ

Spät, aber mit viel Tamtam hat Unionskanzlerkandidat Edmund Stoiber das Loch Umwelt in seinem „Kompetenzteam“ gestopft. Dazu nutzte der CSU-Chef gestern ein Gespräch mit führenden Vertretern der Naturschutz- und Umweltverbände in der bayerischen Staatskanzlei. Gleich im Anschluss setzte er kurzfristig eine Pressekonferenz an. Doch Stoibers Gäste verließen enttäuscht seine Münchner Regierungszentrale, obwohl er sich für sie mit zwei Stunden doppelt so lang Zeit nahm wie geplant.

„Mich hat die Inszenierung unseres Besuches doch überrascht“, kritisierte die Vorsitzende des Bundes für Umwelt und Naturschutz (BUND), Angelika Zahrnt. „Wir wussten nichts von der Pressebegleitung.“ Damit versuche Stoiber wettzumachen, dass er in sein Team niemand für die Umweltpolitik berufen hat. Denn er halte sich und CDU-Chefin Angela Merkel für „die umweltkompetentesten“. Die Staatskanzlei sah die Anwesenheit der Presse hingegen als „selbstverständlich“. Ihren Rüffel konnte Zahrnt erst auf einer eigenen Pressekonferenz loswerden. Vor den Kameras in der Staatskanzlei durften nur Stoiber und der Präsident des Umweltdachverbands Deutscher Naturschutzring (DNR), Hubert Weinzierl, reden. Entgegen der Spielregeln waren Journalisten keine Fragen erlaubt. Begründung: Zeitmangel.

Der Umweltschutz werde für eine unionsgeführte Bundesregierung eine zentrale Rolle spielen, betonte der Kanzlerkandidat. Ehemalige Truppenübungsplätze, die ökologisch wertvoll seien, sollten nur für den Naturschutz verwendet werden, versicherte Stoiber. „Wir stärken damit auch ein deutschlandweites Biotopverbundsystem.“ Er kündigte im Falle eines Wahlsieges Steuervergünstigungen von jährlich 100 Millionen Euro für Wärmedämmungen von Altbauten an. Das sei ein wichtiger Beitrag zum Klimaschutz und könne in den nächsten zehn Jahren zu Investitionen von bis zu drei Milliarden Euro führen.

Zahrnt und Weinzierl sowie der Präsident des WWF, Carl-Albrecht von Treuenfels, samt Nabu-Präsidiumsmitglied Johannes Merck hatten sich mehr erhofft. „Ich habe nicht erwartet, dass er beim Ausbau der Donau und Elbe so hart bleibt.“ Die stelle er auch nach der Hochwasser-katastrophe nicht in Frage. „Wer Stoiber wählt, wählt Staustufen“, klagte der DNR-Chef. Auch beim Klimaschutz holten sich die Verbände eine Abfuhr. Sie plädieren für eine Senkung der CO2-Emissionen um 40 Prozent relativ zu 1990. Das habe Stoiber als „irreal“ abgelehnt weil es die Wirtschaft bremse.

Weinzierl hatte Stoiber schon am 23. April um das Gespräch gebeten. Kanzler Gerhard Schröder (SPD) empfing die Vertreter der Verbände bereits Ende Juni.

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