Flut kennt kaum Ausländer

Immigranten erfreut: Ihnen wurde „geholfen wie Deutschen“. Ausnahmen inbegriffen

BERLIN taz ■ Normalerweise haben Ausländer in Sachsen gemischte Erfahrungen mit Deutschen, etwa mit der Bundespolizei: In der grenznahen Region zu Tschechien etwa werden sie häufig kontrolliert; stets müssen sie sich mit dem Verdacht auseinander setzen, sie wollten illegal einreisen. Beim Hochwasser ist es einmal anders: „Mir wurde geholfen wie einer Deutschen“, schwärmt etwa eine Vietnamesin aus Pirna. Die Frau war vom Bundesgrenzschutz mit einem Hubschrauber aus ihrem überfluteten Haus gerettet worden.

Viele Ausländer in den Hochwassergebieten berichten von großer Anteilnahme. Ingrid Engelhardt, Sozialberaterin für Vietnamesen im sächsischen Landkreis Riesa-Großenhain, lobt die unbürokratische Hilfe für ihre Klienten. „Ich habe viele Leute dabei unterstützt, ihre 500 Euro Soforthilfe, die Versicherungsgelder oder das Kurzarbeitergeld zu beantragen. Da ist noch keiner zurückgekommen und hat gesagt, er bekomme nichts, weil er keinen deutschen Pass hat.“ Die Vietnamesen wollen meist ihre kleinen Läden wieder aufbauen. Die Ämter würden dies unterstützen, so Engelhardt. „Ein großes Problem ist allerdings, dass die vietnamesischen Händler die Kredite nicht in Anspruch nehmen können, weil sie sich oft schon mit dem Wareneinkauf verschulden.“

Auch der Sächsische Flüchtlingsrat hat bisher nichts von rassistischen Ressentiments gehört. „Unsere Recherchen sind noch nicht abgeschlossen“, schränkt allerdings Renate Pugner ein. „Viele Heime wurden evakuiert. Ihre Bewohner sind für uns noch nicht erreichbar.“ Doch so viel weiß man schon: In Mohorn, das im stark betroffenen Weißeritzkreis liegt, hätten die Asylbewerber mitgeholfen, Sandsäcke zu transportieren. „Das Sozialamt will ihnen das nachträglich als gemeinnützige Arbeit vergüten.“ Und in Leipzig, von den Fluten verschont, hätten Asylbewerber von ihrem wenigen Geld für deutsche Hochwasseropfer gespendet.

Ohne unrühmliche Ausnahme geht es aber natürlich nicht: Weil sie Afrikaner waren, bekamen eine sechsköpfige Familie aus Mosambik kaum Unterstützung. Sie hatte ihre gesamte Habe im sächsischen Freital durch das Hochwasser verloren und war nach Dresden geflüchtet. Dort wandten sie sich an eine städtische Nothilfeausgabe für Lebensmittel und Decken. Doch für sie gab es nur ein Brot, eine kleine Wurst und einen Liter Mineralwasser. Die deutsche Nachbarin der Afrikaner bekam hingegen für Mann und Kind gleich einen ganzen Karton voller Lebensmittel. Als sich die Afrikaner beschwerten, war die Begründung des Dresdner Beamten: Die Hilfe sei „für unsere Leute gedacht“. Dresdens Ausländerbeauftragte Marita Schieferdecker-Adolph ist „erschüttert“ und will dem Vorfall nun nachgehen. MARINA MAI