Bonn boykottiert Berlin

Das Bundesaufsichtsamt verhindert ökologische Kriterien für die Riester-Rente

HAMBURG taz ■ Der Wunsch der rot-grünen Bundesregierung ist klar: Die neue Riester-Rente soll auch den so genannten grünen Geldanlagen einen Schub bringen. Diese setzen nicht allein auf hohe Renditen, sondern beachten soziale und ökologische Bedingungen. Klammheimlich unterläuft nun die Finanzaufsicht in Bonn diese Absicht.

Bis zum Winter hatten klassische Finanzanlagen nur selten die allgemeinen Kriterien für die Riester-Rente erfüllt. Darum mussten Banken, Versicherungen und Investmentgesellschaften ihre Produkte mehr oder weniger neu entwickeln. Schuld ist das Zertifizierungsgesetz (Altersvorsorgeverträge-Zertifizierungsgesetz, AltZertG), mit dem die Bundesregierung einen 11-Punkte-Katalog für die Förderung von Riester’schen Rentenprodukten zum Schutz der Verbraucher festschrieb.

Dieser Katalog verlangt von jedem Riester-Produkt, dass es eine lebenslange Rente ermöglicht und mindestens das angesparte Kapital garantiert – eine Mindestverzinsung wird jedoch nicht verbürgt. Auch sollen die Produkte für den Sparer transparent sein. Eigentlich erhoffte sich die Bundesregierung von solchen gläsernen Produkten mehr Verbraucherschutz und einen indirekten Schub für ökologische und ethische Geldanlagen, auf die bisher nicht einmal ein Prozent der deutschen Spareinlagen entfällt.

Über die Einhaltung des komplizierten Katalogs wacht eine eigens eingerichtete Abteilung in der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BAFin) in Bonn. Nur: Dieses geht inzwischen seinen eigenen Weg. Es befreite Banken, Versicherungen und Fonds von der lästigen Pflicht zur Transparenz. Nur selbst ernannte Ökoanbieter müssen detailliert über ihre genaue Anlagepraxis informieren. Für normale Finanzfirmen und ihre Produkte reicht es laut BAFin, „einmalig im Vertrag“ darauf hinzuweisen, dass keine ethischen, sozialen oder ökologische Belange berücksichtigt werden. Weitere Informationen hält man im Aufsichtsamt für übertrieben. Damit verschwindet die Ökoidee und auch der Verbraucherschutz im Kleingedruckten.

Verbraucherschützer fühlen sich denn auch überrumpelt. „Eigentlich sind die Anbieter verpflichtet, Verbraucher zu informieren, ob sie ökologische und soziale Aspekte berücksichtigen“, heißt es beim Verbraucherzentrale Bundesverband in Berlin. Das Zertifizierungsgesetz ist eindeutig: Es verlangt in seinem Paragraphen 1, dass die Riester-Sparer mindestens einmal jährlich schriftlich darüber informiert werden, „ob und wie“ ethische, soziale und ökologische Belange berücksichtigt werden. Die Praxis sieht anders aus, und das Bundesaufsichtsamt macht offensichtlich und zur Freude der konventionellen Geldgiganten, was es will.

HERMANNUS PFEIFFER