Das Straßenbild

Die Reklamerezension. Heute: Kinder, Kinder, Kinder!

Im Fernsehen ist es am schlimmsten. Überall Kinder im Einsatz für irgendwelche Produkte. Für diese puddingartigen Fruchtzwerge zum Beispiel. Die immerhin sind ja noch ein Erzeugnis für Kinder. (Ein Erwachsener müsste, um aufkommende Hungergefühle zu dämpfen, alle sechs Becherchen leer löffeln und wäre immer noch nicht zufrieden.) Und dann gibt’s diese Kinder mit Dreckstiefeln, die der Mutti unentwegt und todesmutig durchs Frischgewischte hopsen. Mutti hat ja Sofix, da hat sie keinen Grund, zu meckern („Mutti, kauf doch besser Sofix!“). Oder dieses oberschlaue Kerlchen, das seinem Papi eine Tasse Krönung kocht, damit der über das beschissene Zeugnis des Filius kichern kann („Mami, kauf lieber Jacobs mit dem Verwöhnaroma!“). Oder das kleine Mädchen mit der Schmusedecke, das nachts bei Blitz und Donner nicht zum schützenden Papi ins Bett flüchtet, sondern in dessen Superbollwerk von einem Auto („Papa, ich will das Gewitterauto!“).

Neuerdings machen fröhlich herumblödelnde Kinder im Fernsehen sogar Werbung für konzentrierte Kloreiniger, die aus gutem Grund nur mit Kindersicherung in den Handel gelangen („Mama, bitte! Kauf mir den herrlich blöden Kloreiniger!“). Wo soll das alles enden? Bei Kindern im Einsatz für Trockenhauben, für Nikotinpflaster, für Rentenfonds?

Das Ganze funktioniert natürlich nur, wenn die Kinder cool rüberkommen, clever, smart. Souveräner jedenfalls als die Eltern. Dann fühlen sich die Kinder bestätigt, dass sie es sind, die den Eltern sagen, wo’s langgeht.

Plakatwerbung ist da merkwürdigerweise zurückhaltender: Kaum Kinder zu sehen, auch bei den aktuellen Wahlplakaten. Nur die Grünen ziehen mit einem Babyfoto und dem für unverwüstlich gehaltenen Sinnspruch von der bei den Kindern nur ausgeborgten Erde in den Wahlkampf. Und mit zwei auf „Hey, Pippi Langstrumpf!“ gestylten Gören. Sind die nicht genauso überinszeniert wie all die anderen Werbekinder? Musterkinder in Grün: niedlich, ein bisschen multikulti und zugleich auf herrlich altbekannte Art frech.

Ein wenig erinnert das Plakat an die „Sesamstraßen“-Melodie: „Wieso, weshalb, warum, wer nicht fragt bleibt dumm.“ Als ob Kinder erst einmal prinzipiell blöd wären und nur durch ewige Fragerei klug würden. Dieser zähe Hang zum durchpädagogisierten Weltbild. Nein, dies hier ist Wohlfühlwerbung nicht für die Kinder, sondern für die Eltern. Na ja, wenn’s wirkt …

REINHARD KRAUSE