Mit Ernie und Bert im Schlafsack

Immer dasselbe mit dem ARD-Vorabend: Teenie-Klischees bis zum Abwinken. Die neue Serie „Sternenfänger“ will davon nichts wissen. Denn schließlich mache man da „keine Bieder-ARD“, meinen Jochen Schropp und Oliver Pocher (Di.–Fr., 18.50 Uhr)

von JULIA BÜRNER

Unzählige Liebes- und Leidensgeschichten, Stress mit den Eltern, Berufsträume und -schäume, derbe Rückschläge im privaten und sonstigen Leben – das erlebt der Durchschnitts-Teenie dann und wann. Für TV-Serienhelden gibt’s das täglich, hundertfach konzentriert. Einheitsbrei, platte Charaktere und 80 Klischees in 45 Minuten – Vorabendprogramm eben.

Weil sich das ab heute alles ändern soll, sitzen die Jungmimen Oliver Pocher und Jochen Schropp im Büro der Produktionsfirma teamWorx und preisen die neue ARD-Serie „Sternenfänger“ an. Etwas ganz Neues, noch nie Dagewesenes, furchtbar Schönes hatte schon die Pressebetreuung versprochen. „Ist es auch“, sagt Viva-Moderator Pocher, der dort hauptsächlich Zoten reißen und freches Image verbreiten muss: „Das ist deutlich anspruchsvollere Unterhaltung als das, was in der Soaplandschaft so herumläuft.“ Anspruch? Bei einer Vorabendserie bedeutet das vor allem: bloß keine Langweile. Und dass wenigstens nicht alle Klischees gebündelt in jeder Folge vorkommen. Hier kann „Sternenfänger“ tatsächlich punkten. Schauplatz ist keine deutsche Großstadt, es tauchen keine Homosexuellen auf, keine junge Frau wird schwanger und verliert das Kind dann beim Treppensturz. Weiter im Text: „Das ist nicht mehr Bieder-ARD, das hat einen ganz neuen Look“, sagt Jochen Schropp. Für ihn selbst wahrscheinlich auch. Schropps bisher größter TV-Einsatz war als RTL2-Reporter bei der Love Parade 2000.

Kinotaugliche Optik

Und was die Optik angeht, hat er Recht: Die ist sogar kinotauglich. teamWorx eben: Produzentin Ariane Krampe dreht eigentlich eher Filme („Der Tunnel“, „Tanz mit dem Teufel“, „Bobby“) als Serienware von der Stange. Die Bodensee-Kulisse liefert denn auch ein Menge melancholische und sehr atmosphärische Bilder.

Nicht dass Oliver Pocher angesichts all der Melodramatik in elegisches Schweigen verfallen würde, eigentlich redet er recht viel. Dass er „die klassische Karriere des Klassenkaspers“ hingelegt habe, nimmt man ihm sofort ab. Es fällt ihm sichtlich schwer, ernsthaft zu sein, viel lieber macht er Scherze. Nur sind die vorzugsweise nicht jugendfrei. Doch nun sitzt er da, ist viel kleiner und weniger wichtig als bei Viva und eigentlich recht nett. Überhaupt entsprechen er und Jochen Schropp so gar nicht dem gängigen arrogant-abgehoben TV-Teenie-Star-Klischee. Schließlich sind beide auch schon 23 und höchstens etwas attraktiver, charmanter und prominenter als der Durchschnitt.

Und in den „Sternenfängern“? Da heißt Oliver Pocher Fred, ist erst 17 und will zum Radio. Da kommt er auch ziemlich fix an, darf sofort moderieren und gleich noch eine große Umweltschweinerei aufdecken. Völlig logisch, das in den Skandal auch prompt sein eigener Vater verwickelt ist. – So unrealistisch sei das gar nicht, wehrt sich Pocher: Berufstraum Radiomoderator sei doch typisch: „Diese Mediengeilheit ist doch da, gerade haben sich wieder 20.000 Leute für dieses RTL-Casting zum ‚Superstar‘ beworben.“ Aber gleich der große Skandal plus Vater-Sohn-Konflikt? „Bedingt realistisch“ sei das, räumt Pocher ein, „der Handlung zuliebe ziemlich aufgebauscht.“ Sonst kommt man in 26 Folgen auch auf keinen grünen Zweig. Nur: „Welcher Zuschauer würde sich vor die Glotze setzen und ein Leben sehen, das eher langweilig ist“, fragt Jochen Schropp und hat natürlich so richtig Recht. Und insgesamt hält sich die Fabuliererei tatsächlich in Grenzen.

Annehmbarer Plot

Bieder-ARD ist „Sternenfänger“ übrigens tatsächlich nicht: flotte Darsteller, annehmbarer Plot, klasse Optik. Zwar können tolle Bilder nicht die kleinen Schwächen übertünchen, die jede Serie hat. Aber was erwartet man schon vom „Werberahmenprogramm“? Eben flotte Darsteller, annehmbarer Plot, klasse Optik.

Heute Abend gehen die „Sternenfänger“ an den Start. Erwartungen? – Hoch. Und wenn die Quote doch nicht stimmt? – „Wenn die Serie abkackt, wird’s sicher keine zweite Staffel geben“, sagt Oliver Pocher. Und ist sich sicher, dass die Gefahr schon gebannt ist: „Wenn wir beide oben ohne im Schlafsack liegen, hat das schon sehr viel von Ernie und Bert.“