Rosa Senatorenbrille

Schulausschuss und -forum: Lange schweigt über geplante Einsparungen und versteht im Übrigen die Aufregung nicht. Überfüllte Klassen seien nur „Einzelfälle“

„Virtuelle Haushaltsberatungen“, nennt die SPD-Schulexpertin Britta Ernst, was Bildungssenator Rudolf Lange (FDP) die Bürgerschaftsabgeordneten in diesem Jahr betreiben lässt. Denn weil er partout nicht damit herausrücken will, wo er 12,8 Millionen Euro einzusparen gedenkt, berät das Parlament einen Phantomhaushalt 2003. Auch die GAL-Abgeordnete Christa Goetsch empörte sich bei der gestrigen Sitzung des Schulausschusses, „dass hier das Parlament umgangen wird“.

Goetsch denkt aber vor allem an die, die es treffen wird, „und das sind sicherlich nicht die allgemeinbildenden Schulen, denn die haben eine viel zu starke Lobby“. Zuwendungsempfängern aus dem Bereich der beruflichen Weiterbildung könne es an den Kragen gehen, „die erfahren dann möglicherweise Ende Oktober, dass sie zum Ende des Jahres Leute entlassen müssen“.

Lange weist den Vorwurf zurück, er wolle das Parlament umgehen, argumentiert mit der „nötigen Sorgfalt“ und bemüht die Unternehmensberatung Putz & Partner, die doch gerade die Behörde untersuche, und der man doch nichts vorwegnehmen wolle. Vor allem bestreitet er, dass er seine unbequemen Geheimnisse nur bis zur Bundestagswahl hüten will, weil deren Offenbarung seine Partei Stimmen kosten könnte. Darin unterstützte ihn im Ausschuss FDP-Kollege Martin Woestmeyer, „denn dann würden das ja alle Behörden so machen“.

Am Mittwochabend, beim Schulforum von Hamburger Abendblatt und NDR hatte Goetsch schon einmal nach den Einsparungen gefragt. Da hatte Lange gesagt, was er gestern wiederholte: „Ich hätte das schon leicht veröffentlichen können, aber dann wäre es nach dem Rasenmäherprinzip gegangen“ – überall ein bisschen weniger.

Er hingegen will „intelligent sparen“, und zwar dort, „wo es am wenigsten die Schüler und den Schulbetrieb stört“. Befürchtungen, es könne Jugendliche mit Migrationshintergrund treffen (taz berichtete), weist er als „schlicht falsch“ zurück. Dass der Senator seine Ansichten allerdings auch schon mal ändert, bewies er ebenfalls bei der Diskussion, zu der etwa 250 Lehrer, Eltern und Schüler gekommen waren. Noch vor einigen Monaten hatte Lange verkündet, der Schulversuch der integrierten Haupt- und Realschule solle die Regel werden, jetzt ruderte er zurück: „Alle Schulversuche stehen zur Disposition.“

Die Sorgen, es könnte an Integrationsklassen gespart werden, konnte Lange ebenso wenig zerstreuen wie die Befürchtung eines Studenten, zum 1. Februar würde an Gymnasien kein einziger Referendar eingestellt werden.

An dem Abend zeigte sich aber auch, dass Lange eine andere Wahrnehmung hat als viele Schüler, Eltern und Lehrer: Denn während die über überfüllte Klassen klagten, über abgeschaffte Klassenratsstunden und Schulen, „an denen alle Kopf stehen“, glaubt Lange: „Das können höchstens Einzelfälle sein.“

SANDRA WILSDORF