Vom Banker zum Korruptionsbekämpfer

Die erstaunliche Karriere des Peter Eigen: Der ehemalige Weltbankdirektor arbeitet für „Transparency International“

Wenn ein unvoreingenommener Beobachter Peter Eigen sieht, könnte er meinen, das Vorstandsmitglied einer großen Bank vor sich zu haben. Weiße Haare, stattliche Figur, dunkelblauer Anzug, weißes Hemd und eine dezente Krawatte. So falsch würde der Beobachter mit seiner Vermutung gar nicht liegen. Peter Eigen ist zwar heute Vorsitzender von Transparency International, einer weltweiten Nichtregierungsorganisation, die sich gegen Korruption einsetzt. Bis 1992 hat er aber über 20 Jahre für die Weltbank gearbeitet. Das merkt man nicht nur an seiner Erscheinung, sondern auch an seinen Worten. Oft greift er noch Erlebnisse aus seiner damaligen Zeit auf.

Eigen, der 1938 in Augsburg geboren wurde und später Jura und Volkswirtschaft in Frankfurt und Erlangen studierte, zog es bereits früh in ferne Lande. Seit 1967 arbeitete er als hochrangiger Weltbank-Manager, legte zwischendurch für die Ford-Foundation einen dreijährigen Aufenthalt in Botswana ein und verbrachte viele Jahre auch in anderen Entwicklungsländern. Über seine Zeit bei der Weltbank in Afrika sagt er: „Klar wusste ich damals, dass es Korruption gibt. Ich habe es aber nicht als die Aufgabe der Weltbank angesehen, etwas daran zu ändern.“

Heute denkt er anders. Heute scheint es ihn wirklich aufzuregen, wenn er davon spricht, dass Bestechung einiges zunichte machen kann. „Es ist vollkommen irrelevant, ob sich ein Politiker bei der Vergabe eines Monsterprojektes einige Millionen einsteckt. Sondern es geht darum, dass damit unter Umständen die Landschaft zerstört wird und Menschen umgesiedelt werden müssen“, erklärt Eigen.

Der gelernte Jurist betont, dass er die eigenen Projekte schon immer sauber gehalten habe. Den Kampf gegen Korruption hat er sich aber erst später zur Aufgabe gemacht. Daran war seine Frau wohl mitbeteiligt. Jutta Eigen, die vor kurzem an Krebs gestorben ist, arbeitete als Ärztin in den kenianischen Slums und erfuhr daher vor Ort, dass das Geld der Weltbank nie dort ankam, wo es wirklich gebraucht wurde. Eigen nahm das Problem ernst und fasste den Entschluss, sich selbst zu engagieren: „Ich wollte dann innerhalb der Weltbank etwas gegen Korruption tun“, erklärt er. Doch das wurde dort gar nicht gerne gesehen. Die Institution, in dessen Gefüge er sich so lange eingepasst hatte, erlaubte solche Aktivitäten nicht.

Also ließ sich der Vater von vier Kindern und Großvater von sieben Enkeln 1992 frühzeitig pensionieren und baute mit einer kleinen Gruppe Transparency International auf. Dr. Hansjörg Elshorst, heute stellvertretender Vorsitzender von Transparency Deutschland und Gründungsmitglied, bescheinigt Eigen: „Dadurch, dass er so lange bei der Weltbank gearbeitet hat, hatte er die nötige Arroganz und den Mut mit einer Hand voll Leuten im Weltmaßstab zu denken.“ Von Anfang an setzte sich die Organisation für den Kampf gegen die weltweite Bestechung und Vetternwirtschaft ein. Das damals kühne Konzept stieß zunächst auf starke Ablehnung. Heute ist die Nichtregierungsorganisation in über 80 Ländern mit eigenen Sektionen verteten. Eigen und seine Organisation sind die nach eigenen Angaben weltweit führende Nichtregierungsorganisation gegen Bestechung – und mittlerweile akzeptiert auch die Weltbank die Arbeit von Transparency International. NICOLE KUHN