Wischiwaschi im Spendensumpf

Aus den Parteifinanz-Skandalen der letzten Jahre hat keine Partei Konsequenzen gezogen, moniert Transparency International. Selbst die Grünen verweigern die Offenlegung der Konten – bei ihren Schwesterparteien in Europa ist das selbstverständlich

von ROLAND HOFWILER

Scharfe Kritik übte gestern Transparency International an allen Parteien wegen deren Verhalten zur Parteienfinanzierung. Die bekannte Initiative in Fragen von Geldwäsche, Bestechung und Vorteilsgewährung hatte die im Bundestag vertretenen Parteien gebeten, in einem Fragenkatalog ihre Vorstellungen zur Bekämpfung von Korruption in der kommenden Legislaturperiode zu erläutern. „Aber was dabei herauskam“, erklärte Dieter Biallas, Vorsitzender von Transparency Deutschland, „war alles Wischiwaschi.“

Auf der Pressekonferenz in Berlin konnte Biallas die Enttäuschung nicht verbergen, dass vor allem SPD und CDU aus den Parteienskandalen der vergangenen Jahre nicht die nötigen Konsequenzen gezogen haben. Auch die kleineren Parteien wollten das im April verabschiedete Parteienfinanzierungsgesetz langfristig nicht transparenter machen, „angeblich geht es schon weit genug“, so Biallas.

Transparency hält den Parteien entgegen, solange nicht alle Spendenkonten der Parteien öffentlich seien, Zahlungseingänge und vor allem die Verwendung der Ausgaben transparent gemacht würden, könne von einer effizienten Spendenkontrolle in Deutschland keine Rede sein. Erstaunt zeigte sich die Organisation über das Verhalten der Grünen in dieser Frage. Selbst sie seien nicht bereit, alle ihre Spendenkonten zu nennen, geschweige denn konkrete Angaben zum Parteivermögen machen – bei anderen grünen Parteien in Europa längst kein Geheimnis mehr.

Gute Noten bescheinigte Transparency den Grünen einzig bei dem Versuch, ein Informationsfreiheitsgesetz nach dem Vorbild skandinavischer Staaten in die Wege zu leiten. Doch bei dem Bestreben, ein allgemeines Akteneinsichtsrecht für Bürger einzuführen, habe die SPD nicht mitgespielt. „Die Sozialdemokraten haben sich hinhalten lassen von einer widerspenstigen Verwaltung“, so Biallas, „anstatt die Amtsstuben endlich zu reformieren.“ Die Offenlegung von Verwaltungsvorgängen durch ein Recht der Akteneinsicht sei eine Grundvoraussetzung im Kampf gegen Korruption. Ansonsten käme die Bundesrepublik bei internationalen Mitbewerbern noch weiter in den Ruch der Vorteilsnahme – entgegen den gesetzlichen EU-Bestimmungen. Dass sich die CDU grundsätzlich vor einem Informationsfreiheitsgesetz sträube, stellt Transparency bitter fest, „lässt sich an Obrigkeitsgläubigkeit nicht mehr überbieten“.

Die deutschen Gesetze gegen die Bestechung von Abgeordneten stehen nach Transparency nicht einmal im Einklang mit einigen OSZE-Richtlinien, geschweige denn mit Empfehlungen der EU-Kommission. Die meisten Gesetzesvorlagen würden in der Bundesrepublik in den Ausschüssen der Parlamente eingebracht, oft von Lobbyisten, die zeitgleich auch Abgeordnete seien. Ihre Lobbyarbeit müssten die Volksvertreter jedoch nicht offen legen. Nach dem Strafgesetzbuch ist bisher nur dann das Abstimmungsverhalten eines Parlamentariers strafbar, wenn der Kauf beziehungsweise der Verkauf seiner Stimme nachgewiesen werden kann. Da die Abstimmungen prinzipiell geheim erfolgen, bleibt die Lobbyarbeit der Volksvertreter verborgen.

Allein die Grünen und die PDS hätten das Problem erkannt und befassten sich ernsthaft mit dem Problem der Abgeordnetenbestechung. Die CDU wiederum ist die einzige Partei, die mit härteren Strafen gegen Korruption bei der Vergabe öffentlicher Ausschreibungen vorgehen möchte und für ein Sündenregister „schwarzer Firmen“ plädiert. Alle anderen halten die derzeitigen Gesetze für ausreichend.

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