Teile und herrsche

Kulturbehörde spielt Kunstprojekte gegen Neuengamme aus: Etat für Kunst im öffentlichem Raum schrumpft, um Gedenkstätten-Betriebskosten zu finanzieren

Der behördliche Feldzug gegen die Kunst im öffentlichen Raum hat begonnen, gekämpft wird auf verschiedenen Feldern. Da wäre einmal die Personalpolitik: Seit dem 4. September ist Klaus Peter Dencker, für Medien und Kunst zuständiger Abteilungsleiter in der Kulturbehörde, im vorzeitigen Ruhestand. „Er hat im Juni aus gesundheitlichen Gründen um seine vorzeitige Pensionierung ersucht“, sagt Johannes Everke, Referent von Kultursenatorin Dana Horáková. Von Unstimmigkeiten angeblich keine Spur, dabei ist es ein offenes Geheimnis, dass die Senatorin die von Dencker maßgeblich beförderte und mitverantwortete Ostseekunst-Biennale artgenda (7.-22. Juni) nicht sehr schätzte.

Nicht vergessen hat sie vermutlich auch, dass das viel diskutierte „Bratling“-Projekt unter ihrer Ägide genehmigt wurde. Dabei hält sie es viel lieber mit Christo und Jeanne-Claude, die behördlicherseits ausdrücklich gebeten wurden, sich nach Hamburger Betätigungsfeldern umzusehen. Kunst im Außenraum, die immense Summen verschlingen wird, die alternativen Projekten wie „Außendienst“ dann natürlich nicht mehr zur Verfügung stehen werden.

Doch auch diese PR-trächtige Umleitung von Geldströmen genügt Horáková nicht: Auf weniger als die Hälfte – 250.000 Euro jährlich – soll ab 2003 der Haushaltstitel „Kunst im öffentlichen Raum“ schrumpfen. Begründung: Die entfallenden 350.000 Euro würden für die Neugestaltung der KZ-Gedenkstätte Neuengamme gebraucht.

Ein Kausalzusammenhang, den Gedenkstättenleiter Detlef Garbe überhaupt nicht schätzt: „Natürlich kommt es uns entgegen, dass wir den anderen Museen nach der Neugestaltung der Gedenkstätte, die bis 2005 abgeschlossen sein soll, finanziell endlich gleichgestellt sein werden. Und da der Senat, der nach öffentlichen Protesten gegen eine Aussetzung der Neugestaltung 13,7 Millionen Euro (die Hälfte trägt der Bund) an Investitionsmitteln zugesagt hat, muss die Kulturbehörde die Betriebskosten aufbringen. Hier wurden 400.000 Euro für 2002 zugesagt und 500.000 Euro für 2003.“

Trotzdem hält er es für kontraproduktiv, verschiedene Bereiche der Kultur gegeneinander auszuspielen: „Bisher hat uns die hiesige Kulturszene mitgetragen. Wenn jetzt aber der Eindruck erweckt wird, dass die Gedenkstätte auf Kosten der jungen Kunst saniert wird, könnte die Solidarität durchaus bröckeln.“ Dabei sei er „natürlich alles andere als froh, dass unseretwegen andere Bereiche Gelder weggenommen bekommen“, sagt Garbe. „Aber es ist nicht meine Sache, verschiedene Bereiche gegeneinander auszuspielen.“

Ein perfektes Spiel, in der Tat. Frei nach dem Motto „Teile und herrsche.“ PETRA SCHELLEN