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: HEIKO DILK über den wiederentdeckten Spaß am TV-Duell bei ARD und ZDF

Infame Propaganda

Was für ein Duell! Kein Vergleich zu diesen Schießbudenfiguren, die da vor zwei Wochen auf RTL und Sat.1 nebeneinander standen. Hier bei ARD und ZDF, das hat Pep, das ist eine Veranstaltung, die die Bezeichnung „Duell“ auch verdient. Es ist ja nun mal so, dass es schwer fällt, einen Krieg zu führen, wo es keine Fronten gibt. Doch hier sind die Fronten klar gezogen: Da ist der SPD-Kanzler, der sich betont desinteressiert Notizen macht, der die Anwürfe des bajuwarischen Herausforderers gar nicht zu hören scheint. Und der Unions-Kandidat ist gewohnt faktensicher und ganz und gar nicht der bajuwarische Polterer.

Sicher, viel Neues erfährt der Zuschauer nicht. Alte Vorwürfe werden rausgekramt. Das Duell wird im Nachhinein kritisiert werden: Zu viel Polemik, zu wenig Sachinformation; zu viel vergangenheitsbezogene Kritik, zu wenig Visionen.

Kanzler und Herausforderer arbeiten sich an Einzelthemen ab. Das führt natürlich auch dazu, dass vieles auf der Strecke bleibt. Aber: Wer wird sich denn beschweren über zu viel Polemik, über personenbezogene Attacken. Ist dies doch genau das, wonach wir uns gesehnt hatten, nach diesem in Langeweile erstarrten Duell vom 25. August. Ein Vorwurf wie der des Kanzlers an die Adresse der Union wirkt da geradezu erfrischend: „Sie haben den Willen zum Frieden, aber Ihnen fehlt die Fähigkeit.“ Moment, hatte der Kanzler nicht gesagt, die Union habe den Willen zum Regieren, aber nicht die Fähigkeit? Und wer ist dieser Mann neben dem bayerischen Ministerpräsidenten, der von einer „Moskaufraktion“ in der SPD spricht, der über „infame Propaganda“ gegen die Unionsparteien schwadroniert, der dem Kanzler vorwirft, seine „pseudoelitäre Arroganz“ mache sich allenfalls im SPD-Ortsverein gut?

Und neben dem Kanzler auch ein Sekundant, ein entspannter Mann, der von Ostverträgen spricht. Der Kanzler selbst steckt sich unterdessen eine Fluppe nach der anderen an.

Schade, dass Phoenix diese Runde mit Franz-Josef Strauß und Helmut Kohl auf Unionsseite und Helmut Schmidt und Hans-Dietrich Genscher auf Regierungsseite vorerst nicht mehr senden will. Das war noch ein Duell: „Drei Tage vor der Wahl“, 2. Oktober 1980. Inklusive „Zeitkonten“ zwar. Aber selbst die hatten Charme, wie sie in ungelenkem Kreidestrich auf eine kleine Tafel gekrakelt waren.