: Grimm‘ger Krieg
Im Bastard tritt George W. Bush zum Rededuell gegen Shakespeare an
Eigentlich lässt sich das Stück ganz sonnig an: Erster Aufzug, erste Szene. Auftritt Gloster: „Nun ward der Winter unsres Missvergnügens / Glorreicher Sommer durch die Sonne Yorks; / Die Wolken all, die unser Haus bedräut, / Sind in des Weltmeers tiefem Schoß begraben. / Nun zieren unsre Brauen Siegeskränze, / Die schart’gen Waffen hängen als Trophä’n; / Aus rauem Feldlärm wurden muntre Feste, / Aus furchtbarn Märschen holde Tanzmusiken. / der grimm’ge Krieg hat seine Stirn entrunzelt.“ Da ließe sich doch mal ausruhen. So entspannt friedlich aber konnte Shakespeare die Sachlage einfach nicht lassen. Schließlich handelt es sich bei „Richard III.“ um eine Tragödie. Das schreit nach Blut, das im weiteren Text auch knöcheltief ausgegossen wird: Fast das komplette Bühnenpersonal wird bei den mörderischen Intrigen hingemetzelt, mit denen Richard seinen Bruder Edward vom Königsthron schubsen will. Einmal mehr die Welt verschlungen in einem erbitterten Kampf um die Macht. Das sind die Trümmer der historischen Situation, die bei einer Lesung heute im Bastard mit der aktuellen Sachlage abgeglichen wird. In einer Konfrontation: Zitate aus Shakespeares „Richard III.“ werden gegen Aussprüche von George W. Bush gestellt, verlesen von dem Schauspieler Christoph Krix (der schon in einigen Tatort-Folgen zu sehen war). Das Rededuell zwischen dem elisabethanischen Bühnenautor und dem US-amerikanischen Präsidenten als Textmontage, die dazu noch mit Musik kontrastiert wird, für die sich bei einem kleinen Orchester Saxofon und Flöte zu den Klangskulpturen von Bob Rutman gesellen. Bei der Veranstaltung hält man sich streng an die Originaltexte, Bühnensprache ist also Englisch. Und dass als Termin der 11. September gewählt wurde, ist natürlich keineswegs ein Zufall.
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