„Unser Baby schreit so viel“

Empfehlenswerte Lektüre: Ein Ratgeber für Eltern von Schreibabys nennt Gründe für das Schreien und zeigt Möglichkeiten für die Bewältigung konkreter Situationen. Selbst Profis wie Hebammen sind mitunter überfordert

Babygeschrei lässt sich nicht überhören. Erwachsene und besonders Eltern müssen darauf reagieren und wollen dem Kind helfen. Viele Kinder lassen sich jedoch einfach nicht beruhigen. Schreit ein Baby viel und ausdauernd, kann das für Eltern zur Belastung werden. Zu wenig Schlaf, gegenseitige Vorwürfe, die Reaktionen der Umwelt und das Gefühl, keine gute Mutter oder kein guter Vater zu sein, stellen sich da schnell ein. Hinzu kommen viele wohlgemeinte, aber oft wenig nützliche Ratschläge von Freunden und Verwandten. Selbst professionelle Helfer wie Hebammen und Kinderärzte sind mit dem Problem mitunter etwas überfordert.

Um schreigeplagten Eltern trotzdem zu helfen, hat Paula Diederichs, Körperpsychotherapeutin, Leiterin von drei Berliner Schreiambulanzen und Expertin für den Umgang mit Schreibabys, jetzt einen Ratgeber verfasst. Darin nennt sie nicht nur Gründe für das Schreien, sondern zeigt Möglichkeiten für die Bewältigung konkreter Schreisituationen. Da dauerhaftes Schreien nicht nur die innige Bindung zwischen Eltern und Kind stören, sondern häufig auch zu heftigen Aggressionen führen kann, sei es vor allem wichtig, „sich klar zu machen, dass das Baby nicht aus Bosheit oder bösem Willen schreit, sondern aus Unbehagen“.

Schreien ist für Babys die einzige Möglichkeit, Hilfe herbeizuholen und auf seine Bedürfnisse aufmerksam zu machen. Wenn man es gar nicht mehr aushalten könne, sollte man den schreienden Säugling an einem sicheren Ort ablegen und kurz den Raum verlassen. Aggressionen reagiere man am besten ab, indem man mit voller Kraft auf ein Kissen einschlage. Und einige Minuten lang die Lieblingsmusik – notfalls über Kopfhörer – zu hören, könne die Reizspirale ebenso durchbrechen wie der tägliche Spaziergang. Manche Tipps wirken sicher lapidar, doch muss man im Ernstfall erst mal darauf kommen.

Viele Fallbeispiele verdeutlichen zudem, dass man mit diesem Problem nicht alleine dasteht: Immerhin 20 Prozent aller Neugeborenen sind – in unterschiedlich starker Ausprägung – Schreibabys. „Da Schreien individuell unterschiedlich empfunden wird, ist Ihr Kind dann ein Schreibaby, wenn Sie sich oft in Situationen befinden, in denen Sie sich mit ihrem Baby hilflos und verzweifelt fühlen“, erklärt die Autorin.

Eine Anleitung zur hilfreichen Babymassage und die Adressen von Schreiambulanzen runden die Ausführungen ab. Wichtig für schreigeplagte Eltern ist vor allem, nicht an sich selbst zu zweifeln, denn „es liegt nicht an Ihnen, dass Ihr Kind so unbändig schreit“. KATHARINA JABRANE

Paula Diederichs und Vera Olbricht: „Unser Baby schreit so viel. Was Eltern tun können“. Kösel Verlag, München 2001. 142 Seiten, 14,95 Euro