Jung macht es nicht besser

Aktionismus: Der Hamburger SV stemmt sich mit einem schmucklosen 2:0 Erfolg über den 1. FC Kaiserslautern gegen die Stagnation und verschafft Trainer Kurt Jara Ruhe für die nächste Woche

Benyamin: „Ein Baby muss erst mal krabbeln lernen, bevor es laufen kann“

von JÖRG FEYER und OKE GÖTTLICH

Alles, wirklich alles kann man dem HSV vorwerfen. Fällt bei den täglichen Zustandsbeschreibungen in der Öffentlichkeit aber das Wort Stagnation, dann rette sich wer kann. Denn nach empfindlichen Niederlagen im Vorfeld des dritten Heimspiels führt die Kritik zu ersten panischen Reaktionen und veranlasst HSV-Trainer Kurt Jara frühzeitig, weniger Ruhe als Aktionismus walten zu lassen – wie gestern gegen Kaiserslautern.

Trotz fehlender Alternativen wurde das Team umgestellt. Weder Jörg Albertz noch Bernd Hollerbach fanden sich überhaupt im Kader wieder, Ingo Hertzsch und Erik Meijer durften zunächst auf der Bank Platz nehmen. Die Jugend mit dem 19-jährigen Stephan Kling auf der linken Außenbahn, dem 22-jährigen Lars Jacobsen über rechts und den Mittelfeldspielern Roda Antar (22) und Collin Benyamin (24) sollte den nötigen Elan bringen.

Ausgerechnet Bundesliga-Debütant Kling hatte dann gleich zwei Großchancen zum 1:0. Schon in der 2. Minute verzog er frei stehend von der Strafraumgrenze, gut zehn Minuten später flog sein Kopfball nach schöner Flanke von Benyamin knapp drüber. Drumherum entwickelte sich ein größtenteils unansehnliches Spiel, welches in der Nervosität fast aller Akteure den Tabellenstand der beiden Clubs widerspiegelte. Da säbelte selbst ein Routinier wie Mario Basler im eigenen 16er am Ball vorbei, Romeo stolperte über Kugel und Beine, und Gästekeeper Koch pölte die Pille schon mal unbedrängt auf die Tribüne. Charakteristisch auch, dass der eingewechselte Ledesma (für den verletzten Antar) sein erstes Anspiel gleich vermasselte. Gellendes Pfeifkonzert zur Pause.

Auch in Hälfte zwei fand ein Spiel ohne Ball kaum statt, zäh das Umschalten von Abwehr auf Angriff. Während die Fans schon eifrig Erik Meijer forderten (der zwei Minuten später kam), sah sich Romeo doch noch zum Handeln gezwungen. Nach Steilpass von Wicky überwand er Koch aus kurzer Distanz zum 1:0. Kaiserlautern sah sich nun gefordert, agierte aber weiterhin harmlos. Nach Fehlpass von Sforza konnte Ledesma erneut Romeo in Szene setzen, der allein auf Koch zulief und zum 2:0 einschoss. Der Anschlusstreffer blieb Dominguez versagt, nachdem er am Strafraum zwei HSVler düpiert hatte.

„Ein Baby muss erst mal krabbeln lernen, bevor es laufen kann“, resümierte Collin Benyamin, während Sportchef Dietmar Beiersdorfer aus dem Spiel „Mut für die kommenden Wochen“ ziehen möchte. So gesehen hat Jara mit seinem Aktionismus auf den ersten Blick alles richtig gemacht.

HSV: Pieckenhagen – Ujfalusi, Hoogma, Baur – Kling (69. Mei-jer), Wicky, Antar (35. Ledesma), Benyamin, Jacobsen – Heinz (75. Hertzsch), Romeo Kaiserslautern: G. Koch – H.Koch, Sforza, Nzelo-Lembi (51. Knavs) – Grammozis, Lincoln, Ratinho, Basler, Hengen – Klose, Lokvenc Tore: 1:0 Romeo (67.), 2:0 Romeo (77.)