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: Wunder gibt es nimmer wieder

Noch freut sich der Kanzler: Die Wahlen sind gewonnen, die meisten Minister bleiben ihm erhalten – und wie man miteinander um Koalitionsverträge ringt, das wissen Rot und Grün auch schon. Außerdem, das vereinfacht die Debatten, existiert ein Teil der Vereinbarungen bereits – die Hartz-Vorschläge zur Reform des Arbeitsmarkts. Statt „ruhiger Hand“ ist nun das unterschwellige Signal „Zeit für Taten“, ein Slogan, den eigentlich die Union für ihre Wahlplakate gepachtet hatte. Und schließlich hat der Kanzler dazugelernt: Aktiv will er erscheinen, aber fatale Versprechungen macht er keine mehr wie am euphorisierten Wahlabend von 1998. Niemals mehr werden die Deutschen von ihm hören, dass er abgewählt gehöre, falls die Zahl der Arbeitslosen nicht signifikant sinke.

 Trotzdem war die damalige Analyse fatal richtig: Nur wer das Problem der Erwerbslosigkeit löst, kann hoffen, an der Regierung zu bleiben. Es ist ein Wunder, aber diese Sensation wird sich nicht wiederholen, dass Rot-Grün eine zweite Legislaturperiode erhielt, obwohl die Koalition auf dem Arbeitsmarkt keine Erfolge erzielen konnte. Und das lässt sich nicht nur durch Flut und mögliche Einsätze im Irak erklären.

 Auch die Hartz-Kommission hat gewirkt. Wahrscheinlich waren es gar nicht ihre Vorschläge – schließlich billigen die Bürger der Union unverändert mehr Kompetenz in Wirtschaftsfragen zu als dem Schröder-Kabinett. Überzeugt hat die Kommission aber durch ihre Zusammensetzung. Wenn sich so divergente Gruppen wie Gewerkschaften, Wissenschaftler und Arbeitgebervertreter auf ein Konzept einigen können, muss ja was dran sein, denkt sich der Wähler. Schröders Instinkt hat nicht getrogen: Seine oft verspottete Konsenspolitik war eine gute Idee. Kleiner Tipp: Wir werden auch in der nächsten Legislatur noch viele runde Tische erleben.

 Beim Thema Arbeitslosigkeit wird das Konsensergebnis Hartz-Papier jedoch leider nicht viel nützen. Auch gesellschaftsübergreifende Bündnisse können kaum neue Jobs schaffen, wenn sie nicht schwer subventioniert sind. Bündnisse können nur Hoffnungen wecken. Wenn sie verflogen sind, wird es hart für die neue, alte Bundesregierung.

 Schon jetzt, mitten im Taumel eines Wahlsiegs voller Wunder, lässt sich absehen: Eigentlich hat die Regierung keine Chance. Deswegen muss sie sie nutzen, wie schon der alte doofe Spontispruch lautete. Es wird furchtbar: Gesundheitsreform, Rentenreform, Milliardendefizite. Schon die Steuerreform war erfolgreich, ließ sich den Bürgern aber nicht vermitteln. Man muss mit der Regierung wirklich Mitleid haben. DANIEL HAUFLER