Stölzl rudert zurück

SPD, PDS und Grüne debattierten nach Nazi-Vergleich des CDU-Chefs und Parlamentsvize über Missbilligung

CDU-Chef Christoph Stölzl bleibt auch nach einer zweiten Erklärung zu seinem Nazi-Vergleich in der Kritik. Stölzl habe sich nicht bei den Wählern entschuldigt, sagte SPD-Fraktionssprecher Stadtmüller. Gestern Abend arbeiteten die Fraktionen an einer Entschließung, die sie heute zusammen beraten wollen.

SPD, PDS und Grüne hatten Stölzl am Montag aufgefordert, sein Amt als Vizepräsident niederzulegen. „Die Rücktrittsforderung ist noch nicht völlig vom Tisch“, sagte PDS-Fraktionssprecherin Kathi Seefeld gestern Abend während der noch andauernden Fraktionssitzungen. Stölzl habe zwar historische Daten zurückgezogen, sich aber noch immer nicht von der Kette des Vergleichs zwischen Bundestagswahl und Nazi-Aufstieg distanziert. Die Grünen hingegen akzeptierten seine Erklärung. Unklar war bei Redaktionsschluss, ob es zur zuvor angekündigten Missbilligung im Parlament kommt.

Stölzl hatte im „Inforadio“ den Erfolg der rot-grünen Koalition als „Sieg der Unvernunft über die Vernunft“ bezeichnet: „Die Deutschen haben immer Unglück gehabt, wenn sie sich irrationalen Stimmungen hingaben oder sich mit Propagandaphrasen in Gang bringen ließen. Das war 1914, das große Unglück der Erdrutschwahlen von 1931/32 war so, und sie waren immer im Glück, wenn sie nüchtern waren.“ Nach den Rücktrittsforderungen sprach Stölzl zuerst von einer „böswilligen Interpretation“: „Den mir unterstellten Vergleich habe ich nicht gezogen.“

Im Ältestenrat des Parlaments zog er gestern die Jahreszahlen 1914 und 1931/32 zurück: „Es war nicht meine Absicht, irgendwelche Vergleiche heutiger politischer Kräfte mit historischen Parteien nahe zu legen.“ Er entschuldige sich bei denen, die verletzt wurden. STEFAN ALBERTI