Prozess gefährdet

Das Dresdener Innenministerium will im SSS-Prozess zwar reden, aber keine Namen von V-Leuten nennen

DRESDEN taz ■ Die Antwort des sächsischen Innenministeriums an den Vorsitzenden Richter Tom Maciejewski im Dresdener Prozess gegen sieben mutmaßliche Mitglieder der neonazistischen „Skinheads Sächsische Schweiz“ (SSS) ist unmissverständlich. Die Identität eventueller V-Leute innerhalb der verbotenen SSS werde nicht offen gelegt, unterstrich Innenminister Horst Rasch (CDU) gestern: „Würden wir deren Identität preisgeben, wären sie erheblich gefährdet.“

Damit reagierte der Innenminister auf eine so genannte „Gegenvorstellung“ des Landgerichts, sich bis gestern zur V-Mann-Problematik zu äußern. Rasch deutete aber auch an, dem Gericht in einigen Punkten entgegenzukommen, um damit letztendlich ein Scheitern des Prozesses zu verhindern. Mitarbeiter des sächsischen Verfassungsschutzes würden sich zu Fragen des Gerichts stellen, sagte er zu. Das könnte bedeuten, dass in Hinblick auf den Anklagevorwurf „Bildung einer kriminellen Vereinigung“ – wie vom Gericht verlangt – Auskunft darüber gegeben wird, „ob in der Gründungsphase, etwa bei der programmatischen Festlegung oder bei der Planung von Straftaten, ein Teil der SSS-Mitglieder zugleich Mitarbeiter staatlicher Behörden gewesen ist“. Dass V-Leute bei den SSS mitmischten, gilt spätestens seit einer Sitzung der Parlamentarischen Kontrollkomission (PKK) am Dienstag in Dresden als gesichert. Strittig ist, wie viel Einfluss sie hatten.

Richter Maciejewski hatte Innenminister Rasch in der vergangenen Woche vorgeworfen, die Bedeutung des Dresdener Prozesses „anscheinend nicht erkannt zu haben und die Wahrheitsfindung zu behindern“. Schon drei Monate vor Prozessbeginn hatte das Landgericht Dresden die Frage nach eventuellen V-Leuten unter den sieben Angeklagten und rund 90 Zeugen gestellt. Innenminister Rasch ließ daraufhin Teile der Verfassungsschutzakten über die SSS, die mit rund 125 Aktivisten seit Mitte der 90er-Jahre in der Sächsischen Schweiz aktiv sind, sperren.

Auch die sächsische Initiative zur Unterstützung von Opfern rechter Gewalt, Amal, hatte die Landesregierung aufgefordert, Auskunft zu geben. Falls sich eine Verstrickung staatlicher Behörden bestätige, so Amal, „sei das für Betroffene rechtsextremer Angriffe ein „erneuter Schlag ins Gesicht“. Ihr Ziel, die Sächsische Schweiz von „Linken, Drogenabhängigen und Ausländern zu säubern“, hatten SSS-Aktivisten wiederholt mit gewaltsamen Angriffen auf nichtrechte Schüler, Migranten und junge Linke verfolgt.

Nebenklägeranwalt Wolfgang Kaleck, der mehrere SSS-Opfer in dem Prozess vertritt, warnte gestern: „Die Verteidiger der Rechten wollen über die V-Mann-Frage den Prozess platzen lassen.“ Bislang hätten sie nicht nachgewiesen, dass „die Angeklagten zu den vorgeworfenen Delikten durch V-Leute provoziert wurden“. Auch Oberstaatsanwalt Jürgen Scheer, der die Anklageschrift gegen die SSS in jahrelanger Ermittlungsarbeit zusammengestellt hat, zeigte sich gestern zuversichtlich. „Der Prozess ist nicht gefährdet“, so Scheer.

HEIKE KLEFFNER