Heimatgefühl abgeschaltet

Der private Auslandssender „Channel D“ ist pleite. Jetzt bleibt nur noch „German TV“

BERLIN taz ■ Eintausend Abonnenten sind zu wenig. Auch wenn die auf der anderen Seite der Welt mehr als sechs Stunden an der Glotze kleben – wie es die Zuschauer von „Channel D“ nach eigenen Angaben bisher gemacht haben. Und damit wurden sie auch zu teuer für das erste private deutsche Auslandsfernsehen, das vor genau einem Jahr auf Sendung ging. Nach sechs Stunden ging das Programm nämlich von vorne los – vier mal am Tag gab es damit „Maischberger“, „Tatort“ oder Bundesliga. Das gab Beschwerden, wurde dann geändert und ging für Channel D ordentlich ins Geld. Und davon hatte der Sender einfach zu wenig. Das vorläufige Aus wurde gestern mit einem Insolvenzantrag beim Amtsgericht Bremerhaven besiegelt, die Pay-TV-Abonennten bekommen jetzt nur noch ein Notprogramm.

Geschäftsführer Karl-Otto Sauer macht die „allgemeine Medienkrise“ für das Scheitern verantwortlich. Auf der Suche nach finanzkräftigen Partnern hatte der Auslandssender im vergangenen Jahr auf einen Einstieg der Kirch-Gruppe gehofft. Mit deren Niedergang schwanden bei Channel D die Hoffnungen auf eine stärkere Verbreitung. Denn in Süd- und Nordamerika gab es zu wenig Interesse am „echten Heimatgefühl“, das der Sender vermitteln wollte. Die gestarteten Marketingmaßnahmen brachten zu langsam sichtbare Erfolge.

Auch der kostenpflichtige Auslandssender von ARD, ZDF und der Deutschen Welle „German TV“ hat auf dem US-Markt mit den gleichen Problemen zu kämpfen. Zunächst einmal kennen die meisten Deutschen die Bezahlfernsehen-Angebote überhaupt nicht. German TV hat gegenüber dem privaten Anbieter allerdings den Vorteil, dass die Deutsche Welle in ihren frei zugänglichen Fernseh- und Radioprogrammen dafür wirbt. Und das ist auch bitter nötig: Denn die Fernsehmacher müssen die potenziellen Kunden zu einer happigen Investition überreden: 250 US-Dollar kostet eine Satellitenempfangsanlage inklusive Dekoder, die technische Installation kann locker nochmal so teuer sein. Zu sehen gibt es damit nur je einen Sender – German TV und Channel D werden über zwei unterschiedliche Platformen ausgestrahlt, die nicht kompatibel sind.

Trotzdem will das Bezahlfernsehen der Deutschen Welle gerne die Abonennten von Channel D übernehmen – wenn die tatsächlich keinen neuen Investor finden. Nach Auskunft des Programmgeschäftsführers von German TV, Wolfgang Krüger, beginnen in der kommenden Woche erste Verhandlungen. Die 1.000 neuen Gebührenzahler kann German TV gut gebrauchen, denn zum Überleben müssen bis 2009 aus den 1.800 mindestens 70.000 Abonnenten werden. Krüger fällt es leicht, zuversichtlich zu sein: Jährlich stehen ihm mehr als 5 Millionen Euro Anschubfinanzierung zur Verfügung. MARKUS MÜNCH