„Geprüft wurde lediglich die Bildqualität“

„Golzow“-Koregisseurin Barbara Junge über das Filmemachen zu DDR-Zeiten, Parteigenossen und die Zukunft

taz: Zu DDR-Zeiten hatten Sie einzigartige Freiheiten beim Dreh in Golzow, es gab zum Teil sehr offene, kritische Meinungsäußerungen. Welche Filter gab es bei der DEFA? Haben Sie Material zurückgehalten?

Barbara Junge: Wir wussten, bestimmte Dinge konnten nicht veröffentlicht werden, solange die Probleme noch nicht gelöst waren. Also hofften wir auf die Zukunft. Wir hatten den Vorteil, dass wir mit uns seit langem Bekannten, Freunden drehen konnten, und wir standen nicht unter Veröffentlichungszwang. Seit 1986 hatten wir die Möglichkeit, für einen abschließenden Film, der zum 50. Jahrestag der DDR im Jahre 1999 seine Premiere haben sollte, Materialien zu sammeln. Geprüft wurde in der Technischen Gütekontrolle lediglich die Qualität des Bildmaterials, alles andere interessierte zu diesem Zeitpunkt nicht.

Anhand von Einzelbiografien beschreiben Sie deutsch-deutsche Geschichte. Wie viel Verantwortung übernehmen Sie dabei?

Wir haben beispielsweise noch nicht an die Portraits der Genossen erinnert. Das wäre Anfang der 90er-Jahre nicht möglich gewesen. Die hätten dann mit ihrer „filmischen Kaderakte“ für alle Parteimitglieder der DDR gestanden hätte. Jetzt ist es einfacher zu erklären, welche Motive junge Leute bewogen haben, in die Partei einzutreten. Man darf und sollte es nicht auf Karrieregründe reduzieren.

Sie haben Ihre Arbeit in der DDR ganz überwiegend auf diese Reihe konzentriert. Steht Golzow auch für eine Art innere Emigration?

Innere Emigration? Wir haben seit dem Film „Diese Golzower“ (1984) nur noch einen Film in der DDR gedreht, aber das war auch schon wieder ein internationaler: „Das Wettpflügen der RGW-Staaten“. Und bei den Golzowern war es ähnlich. Sie wollten über Politik nicht mehr reden, da könne man sowieso nichts mehr ändern. 1989 merkten wir, dass unsere Golzower Freunde nicht nur vor uns, sonden auch vor der Kamera viel zu sagen hatten, sie mussten den Frust der vergangenen Jahre loswerden. Und wenn wir damals nicht gekommen wären, hätten sie uns wohl auch die Freundschaft gekündigt.

1991 kam das Aus für die DEFA. Wie ist Ihre berufliche Situation heute? Golzow ist ja kein TV-Mainstream, und die Forsetzung der Reihe bis 2005 nicht gesichert.

Unser privater Produzent ist à jour Film. Wir arbeiten auf Lohnsteuerkarte und haben deswegen – Gottlob – keine schlaflosen Nächte. INTERVIEW: NK