Aus dem Kreisel wird ein Knie

Nach sechs Monaten Diskussion fordert der Gestaltungsbeirat zum Rembertiring genau das, was die Verwaltung kategorisch abgelehnt hatte: den Verzicht auf die Schleifmühlen-Umfahrung. Ob sich Bürgerschaft und Senat darauf einlassen, ist unklar

„Städtebauliche Wunden“ aus den 60er-Jahren soll er heilen, Remberti- und Ostertor-Viertel wieder zusammenführen, die hässliche Straßen-Schneise zwischen Concordia-Tunnel und Hochstraße in ein attraktives Quartier für Wohnen und Gewerbe verwandeln: der Rückbau des Remberti-Kreisels. Sechs Monate lang haben VertreterInnen von Architekten-, Handels- und Arbeitnehmerkammer, Beirat, Bürgerinitiative, Bau- und Wirtschaftsressort dafür im „Gestaltungsbeirat Rembertiring“ Empfehlungen erarbeitet. Aus dem Kreisel wird ein „Knie“. Die vier Fahrspuren werden enger, um Platz für Häuser zu schaffen. Und: Die so genannte Schleifmühlen-Umfahrung soll wegfallen; der Verkehr von und zur Bismarck- und Schwachhauser Heerstraße in Zukunft nur über den Dobbenweg rollen.

Die Pressekonferenz, auf der Bausenatorin Christine Wischer (SPD) die Ergebnisse letzte Woche präsentieren wollte, wurde daraufhin erst einmal abgeblasen. Denn genau diesen Vorschlag zur Verkehrsführung hatte die Verwaltung ursprünglich abgelehnt. Begründung: Für vier Fahrbahnen, Abbiegespuren und Straßenbahngleise reiche der Platz nicht. „Jetzt wird wohl auch im Ressort noch einmal nachgedacht“, mutmaßt Carsten Sieling, baupolitischer Sprecher der SPD-Bürgerschaftsfraktion.

Offenkundig vom Tisch ist nach starkem Widerstand des Gestaltungsbeirats die Idee, durch den Abriss der Centauren-Apotheke und zweier benachbarter Häuser mehr Platz zu schaffen. Den Vorschlag, die Straßenbahnen um die Schleifmühle herum zu leiten, hatte hingegen die BSAG abgelehnt. Die städtischen Verkehrsplaner spielen nun noch zwei Varianten durch: So könnten sich die Autos auf hundert Metern den Platz mit den Straßenbahnen teilen oder die Schleifmühlen-Umfahrung in einer abgespeckten Version als „Abbiegespur“ erhalten bleiben. Die einfachste Lösung des Platzproblems indes, die neue Straße nur zwei- statt vierspurig zu planen, hatte Bausenatorin Wischer von vornherein ausgeschlossen: Darüber durfte der Gestaltungsbeirat nicht diskutieren.

Trotzdem wertet Uli Draub von der Bürgerinitiative Rembertiring, die weiterhin für eine zweispurige Straße eintritt, die Arbeit des Gremiums als einen Teilerfolg. In puncto Bebauung hätten sich die Pläne der Verwaltung nämlich stark „am Modell Breitenweg orientiert“. Der Gestaltungsbeirat habe dagegen eine kleinteiligere Struktur wie im Viertel empfohlen.

So sah es auch im Rembertiviertel bis in die 60er Jahre aus – bis die Bagger kamen, um Platz für ein autogerechtes Bremen zu schaffen. Parallel zum Fedelhören, der traditionellen Einfahrtsstraße in die Innenstadt, entstand die Doppeltrasse von der Schwachhauser Heerstraße bis zum großen „Verteilerkreis“ Rembertiring. Rund um die Bremer Innenstadt planten die Auto-Fans einen vierspurigen Straßenring: Breitenweg, Stephanibrücke, Neuenlander Straße, Mozarttrasse.

Zumindest letztere wurde 1973 nach massiven Protesten aufgegeben. Für die Bürgerinitiative stellt indes die gesamte vierspurige Trasse eine „Fehlplanung“ dar. „Ein Zusammenwachsen von Ostertor- und Remberti-Viertel, wie es der Beirat beschlossen hat, geht nur, wenn der Verkehr hier abnimmt“, sagt Draub und betont, dass höchstens die Hälfte der täglich 40.000 Autos, die zurzeit noch über den Kreisel rauschen, in die Innenstadt wollten. Mehrheitsfähig ist die Zwei-Spur-Variante noch nicht. Aber, sagt Draub: „Bald sind Wahlen.“ Armin Simon