Rapper und andere Perlen

Cida, Roxane, Quiteria, Créo und Raimunda: Der Film „Domésticas“ von Fernando Meirelles und Nando Olival erzählt kurzweilig über das Schicksal weiblicher Hausangestellten in Brasilien – ohne die Härten dieser Arbeit wegzulügen

Domésticas sind die meist weiblichen Hausangestellten, die es in fast allen brasilianischen Mittel- und Oberschichtshaushalten gibt. Sie kommen aus der Unterschicht und machen alles, was im Haushalt so anfällt: putzen, waschen, Kinder zur Schule bringen, Haus einhüten. Sie bilden eine eigene Gesellschaftsschicht, tauschen sich aus und entwickeln so etwas wie Klassenbewusstsein, auch wenn viele gern was anderes machen würden.

Die brasilianische Autorin Renata Melo hatte eine Weile das Leben der Domésticas recherchiert, „rund einhundert“ (Melo) Interviews mit ihnen geführt, die zunächst das Material für ein erfolgreiches Theaterstück lieferten. Das Theaterstück war dann die Grundlage für den Film „Domésticas“ von Fernando Meirelles und Nando Olival, der zuweilen dokumentarisch wirkt, wenn die großartigen gespielten Domésticas in schnell geschnittenen Interviewpassagen davon erzählen, wer sie sind, am Anfang, und was sie mögen, später.

Eine mag das Fernsehen sehr gerne, zumindest, wenn sie vor dem Fernseher sitzt. Wenn nicht, hasst sie es. Wobei anzumerken ist, dass niemand hier allein guckt; in einer Szene sitzen sechs oder acht Personen auf und neben einem Sofa vor dem Fernsehen. Am liebsten würde man sich gleich dazusetzen.

„Domésticas“ verknüpft locker die Geschichten seiner fünf Hauptprotagonistinnen Cida, Roxane, Quiteria, Créo und Raimunda. Die schöne Roxane schimpft gerne mit dem Jungen vom Pizzaservice, schickt ihn nach Hause, wenn zuwenig Käse drauf ist, und träumt davon, ein Model zu werden. Quiteria ist ein rührendes Dummchen, was zu allerlei Unglück führt, Créo sucht verzweifelt nach ihrer verschwundenen Tochter, Raimunda singt blasphemische Lieder. Cida wiederum ist enttäuscht von ihrem Mann, der daheim unermüdlich vor der Glotze hockt und die Zärtlichkeitswünsche seiner Frau wortkarg ignoriert. Später findet sie einen respektvolleren Liebhaber.

Der Film lebt von der Musik, eine Mischung aus dem in Brasilien sehr populären Tacky und Rap. Die sanfte Tacky-Musik mit den romantischen Liedtexten über die Liebe ist bei Hausangestellten äußerst beliebt. Als Kontrapunkt dazu und weil die Tochter der einen Hausangestellten sich in einen Rapper verliebt hat, gibt es manchmal auch sozialkritischen Rap, der von der Unterdrückung der Schwarzen erzählt.

Ohne die Härten des Doméstica-Daseins wegzulügen: Musik und Film spielen sehr souverän, kurzweilig und wunderschön in wechselnden Tempi auf und mit den unterschiedlichen Erzählebenen und Themen, den Interviewpassagen, einzelnen Episoden, den Busfahrten nach der Arbeit. In einer der schönsten Passagen wird von einem Busüberfall erzählt. Pech für die jungen Gangster, dass in dem Bus nur Domésticas sitzen, die erstens kein Geld haben und sich zweitens von den grünschnäbligen Gangstern nicht beeindrucken lassen. Später trifft eine der Domésticas aus dem Bus einen der düpierten Gangster und zeigt ihm, wie man‘s richtig machen sollte.

Die Hausherren, die gerne und oft ihre Hausangestellten wechseln, tauchen in „Domésticas“ übrigens nicht auf. Meist sind die Hausangestellten ja auch schon weg, wenn ihre Herren kommen. DETELF KUHLBRODT

„Domésticas“; R: Fernando Meirellas, Nando Olival, Brasilien 2001, 90 min, Omu, vom 3.9.–9.10., im Eiszeit, Zeughofstraße 5, Kreuzberg