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Gunter, der Besänftiger

Als neuer UNO-Botschafter hat Gunter Pleuger einen mächtigen Sitznachbarn – die USA. Ihn soll er milde stimmen

Selten treffen sich die politische Absicht eines Chefs und die persönliche Ambition eines Untergebenen so harmonisch: Joschka Fischer möchte ein Signal zur Aufwertung der UNO geben, Gunter Pleuger wollte immer schon zu den Vereinten Nationen. Jetzt hat Fischer seinen Staatssekretär zum Botschafter bei der UNO erkoren – kurz bevor Deutschland am 1. Januar für zwei Jahre in den Sicherheitsrat einzieht. Die Berufung des 61-Jährigen wird in New York als Teil von Fischers Charmeoffensive nach der Wahl verstanden werden, denn der Außenminister schickt seinen Lieblingsbeamten. Viermal in gerade mal vier Jahren hat der Grüne den Karrierediplomaten befördert: vom Abteilungsleiter zum politischen Direktor des Auswärtigen Amts (AA), dann zum Staatssekretär, dann zum Staatssekretär mit erweiterter Zuständigkeit für die EU, jetzt zu Deutschlands Stimme in der Weltgemeinschaft.

Auch habituell schienen sich Minister und Staatssekretär anzunähern: Pleuger, hochgewachsen, den Rücken meist ein wenig krumm, die Brille gerne auf die Nasenspitze geschoben, ist bei trüben Lichtverhältnissen durchaus mit seinem Herrn und Meister zu verwechseln.

Vor allem aber passten Fischers Vision und Pleugers Biografie trefflich zusammen: Politisch, sofern sich das bei einem Beamten überhaupt sagen lässt, ist Pleuger der Bannerträger von Fischers Idee einer multilateralen Weltordnung. Die Europäische Union, wo die Staaten so eng wie nirgends sonst kooperieren, ist seine Spezialität der letzten Jahre. Das Leitmotiv seiner Laufbahn, die Vereinten Nationen, hat er dabei nie aus dem Blick gelassen. 1970 bezog er dort seinen ersten Auslandsposten, ab 1993 leitete er zunächst die Unterabteilung Vereinte Nationen im AA, dann die Abteilung UNO, Menschenrechte, humanitäre Hilfe und globale Fragen. Ein kesser Verfechter kühner Ideen zur Globalisierung ist der gebürtige Mecklenburger darum freilich noch nicht.

Ähnlich wie in Berlin ist sein Job in New York bestimmt vom Denken und Wollen seiner politischen Herren. „Der sitzt da nicht als Herr Pleuger, der sitzt da als Deutschland“, drückt es ein hoher Beamter aus. Der mächtigste Sitznachbar im Sicherheitsrat aber sind die USA – und Pleugers vordringlicher Auftrag lautet: die vergrätzten Amerikaner zu besänftigen, ohne rot-grüne Grundsätze allzu offensichtlich zu verletzen. Zwar erwächst der Bundesregierung aus dem Platz im Rat kein Vetorecht, wie es nur die fünf ständigen Mitglieder haben, aber gerade darum kommt dem Botschafter besondere Bedeutung zu: von seinen Gesten, von seinem Verhandlungsgeschick hängt ab, ob die deutschen Beiträge Wirkung entfalten oder als Protokollnotizen enden. „Das ist der multilaterale Posten schlechthin“, charakterisiert ein Insider die Aufgabe.

Profitieren wird Pleuger in den USA wohl von einem alten Bekannten. Wolfgang Ischinger, deutscher Botschafter in Washington, war in der frühen Fischer-Zeit erst Pleugers Vorgesetzter, dann sein Kollege als Staatssekretär. Manchmal muss sich Deutschlands Stimme in der Welt freilich auch als besserer Hotelpage betätigen. Pleugers Vorgänger Kastrup beschrieb einen Arbeitstag einmal so: „Wir müssen überprüfen, ob mit den Hotelunterkünften alles klargeht, ob die Fahrzeuge für die Delegation Fischers bereit stehen.“ PATRIK SCHWARZ

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