Landwirte mit neuen Perspektiven

In Teilen Süddeutschlands sind landwirtschaftliche Biogasanlagen inzwischen sehr populär – der Biogas-Förderverein Schwarzwald-Baar-Heuberg hat daran großen Anteil. „Je teurer Stickstoffdünger wird, desto attraktiver ist eine Biogasanlage“

Fast könnte man sagen, Daimler-Benz hat im Südwesten das Biogas vorangebracht – ungewollt zwar, aber dennoch deutlich erkennbar. Denn auch die Geschichte des Biogas-Fördervereins Schwarzwald-Baar-Heuberg hat ein wenig mit den schwäbischen Fahrzeugbauern zu tun.

Es war Mitte der 80er-Jahre, als der Autokonzern im baden-württembergischen Boxberg den Bau einer Teststrecke plante. Allerdings hatte die Firma die Rechnung ohne die betroffenen Landwirte gemacht, die vor das Verfassungsgericht zogen, um das Enteignungsverfahren zu stoppen. Im März 1987 bekamen die Bauern Recht – sie durften ihre Ländereien behalten.

Die Landwirte wollten nach ihrem Erfolg vor Gericht zusammen neue Wege suchen. Sie wollten nun nicht mehr gegen etwas kämpfen, sondern traten fortan für neue wirtschaftliche Perspektiven der Landwirtschaft ein – und so entstand die Bundschuh-Biogas-Gruppe.

Einer der neuen Mitstreiter war Otto Körner. „Durch die Bundschuh-Gruppe kam ich zum Biogas“, sagt der heutige Vorsitzender des Biogas-Fördervereins Schwarzwald-Baar-Heuberg. Es war Ende der 80er-Jahre, als er einen Vortrag über Biogas in Entwicklungsländern hörte und erkannte: „Das geht doch auch bei uns.“ Anfang 1993 gründete der Stadtplaner dann zusammen mit sieben weiteren Biogasfreunden den Förderverein. Drei Jahre später nahm ein Mitglied des Vereins in Bräunlingen eine Pilotanlage in Betrieb – nun konnte die Biogas-Gruppe neben der Theorie auch Informationen aus der Praxis liefern. Auf große Resonanz stieß man damit nicht nur bei Landwirten, sondern auch bei den regionalen Behörden und Politikern.

So hat der Verein, der inzwischen auf 120 Mitglieder angewachsen ist, in den nunmehr neun Jahren seines Bestehens im Südwesten viel bewegt: „Bis auf drei Landwirte sind alle Anlagenbetreiber im Regierungsbezirk Freiburg heute Mitglieder unseres Vereins“, sagt Körner stolz. Entsprechend wundert es nicht, dass die meisten der heute in Südbaden installierten 42 Anlagen durch die Informationsarbeit des Fördervereins angestoßen wurden.

Auch einige Landwirte, deren Hof die oft zitierte Mindestgröße von 50 bis 70 Großvieheinheiten nicht erreicht, kamen durch den Förderverein zur eigenen Biogasanlage. So hat in Donaueschingen ein Nebenerwerbslandwirt mit gerade 25 Großvieheinheiten eine Biogasanlage errichtet. Dank einer Mitvergärung von Grassilage arbeitet sie rentabel. Bald wurden auch die umliegenden Kommunen auf die Potenziale landwirtschaftlicher Biogasanlagen aufmerksam – und legten schließlich sogar ein eigenes Förderprogramm auf. In Bräunlingen, Hüfingen und Donaueschingen bekommen seit einigen Jahren die Landwirte eine individuelle Studie zur Wirtschaftlichkeitsberechnung einer Biogasanlage auf ihrem Hof komplett von den Kommunen finanziert. Eine gute Starthilfe: Die Untersuchung kostet immerhin etwa 800 Euro. „Wir wollen damit den Landwirten die Hemmschwelle nehmen, sich einmal mit dem Thema zu beschäftigen“, sagt Gerhard Bronner, Umweltberater von Donaueschingen.

Das Bestreben der Biogasfreunde wurde unterdessen nicht zu allen Zeiten überall begrüßt. Als der erste Landwirt der Region sich Mitte der 90er-Jahre für den Bau einer Biogasanlage entschlossen hatte, sei vom Freiburger Regierungspräsidium noch eigens ein Vertreter angereist mit dem Ziel, dem Landwirt die Biogasanlage auszureden, erinnert sich Vereinsvorstand Körner. Doch das ist Vergangenheit. Heute hat das Biogas auch im Regierungspräsidium entschiedene Fürsprecher.

Aber auch Gegner gibt es noch – zumeist stehen Interessenkonflikte dahinter: „Wenn die Raiffeisengenossenschaft auch Stickstoffdünger verkauft, tut die sich natürlich schwer mit Biogasanlagen“, weiß Körner. Denn die Gülle macht durch ihren hohen Anteil an mineralischem Stickstoff den Kunstdünger überflüssig.

Wenngleich durch solche Interessenvertretungen der Fortschritt zwar manchmal zäh wird, so lässt er sich trotzdem nicht aufhalten: Ende 2002 werde man in Südbaden bereits 60 Anlagen am Netz haben, prophezeit Körner. Das wäre gegenüber Jahresbeginn ein Zuwachs von satten 40 Prozent. Und: „Je teurer Stickstoffdünger wird, umso attraktiver wird eine Biogasanlage.“

BERNWARD JANZING